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Tschüss, Herr B.

Wir hatten viele Jahre einen lieben Stammkunden, mit dem Ines und ich auch immer ein paar Worte gewechselt haben. Wir werden alle älter, aber zwischen frühem und fortgeschrittenem Rentenalter ist die Veränderung natürlich durchaus extrem.

Irgendwann berichtete Herr B. Ines, dass bei ihm Leukämie diagnostiziert worden wäre. Er sei aber schon so alt, er möchte keine Behandlungen und lässt die Krankheit einfach den natürlichen Gang gehen. Das mag hart klingen, ist bei einem erwachsenen Menschen in der zweiten Lebenshälfte aber eine Entscheidung, die man akzeptieren muss. Das war vor einigen Jahren. Er kam weiterhin einkaufen und lebte sein Leben.

Dann hatte ich mir irgendwann Mitte 2020 mal eine Notiz für einen Blogeintrag gemacht: Herr B. im Laden, sah sehr gebrechlich aus. Ines fragte, ob alles gut sei. Antwort in augenscheinlich angefasstem Tonfall: "Ach, nichts ist gut!" Verbloggt hatte ich das nie, da war dieses komische Corona-Dings, was uns alle sehr gefordert hatte.

Aber diese Aussage von ihm war hart. Vor allem auch, ihn so körperlich geschafft zu sehen. (Vielleicht hatte er sich Corona eingefangen, kann natürlich sein …) Aber er kam danach noch etwa weitere drei Jahre als Kunde zu uns. Teils alleine, teils mit einem Betreuer. Die Krankheit und das Alter machten ihm wohl doch irgendwann mehr zu schaffen.

Inzwischen haben wir ihn seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen. Wir wissen es natürlich nicht, vielleicht lebt er nun auch in irgendeinem Alten- oder Pflegeheim – aber mit Mitte 90 und der schweren Krankheit wäre es völlig okay, wenn er inzwischen gegangen ist.

Wir bekommen ja leider nicht oft mit, wenn Kunden sterben. "Leider" nicht aus Sensationslust, sondern aus echtem Interesse. So oft erleben Ines und ich und die Kollegen es, dass man sich unterhält und irgendwann darauf kommt, dass man Kundin Xyz oder den Kunden Zyx schon lange nicht mehr gesehen hat. Weggezogen? Vergrault? Verstorben? "Oh, die war ja schon alt", trösten wir uns dann oft. Aber komisch ist es schon. Zumal wir irgendwo zwischen den Fronten sind. Wir kennen die wenigsten Kunden namentlich, aber so richtig anonym ist man bei uns auch nicht. Da hat man dann nach ein paar Jahren eben schon ein ehrliches Interesse am Verbleib einzelner Personen …

Oma Anna: r.i.p.

Vor ein paar Tagen bin ich eher zufällig über diesen alten Beitrag mit dem fiktiven Tagebuch unserer damals schon sehr alten Kundin "Oma Anna" gestolpert.

Inzwischen ist die Frau, die es immerhin bis weit in die 90er geschafft hatte, schon seit ein paar Jahren gar nicht mehr unter uns. Eines Tages kam sie nicht mehr, aber das fällt einem bei einer Verkäufer-Kunde-Beziehung ja meistens nur am Rande oder Zufällig mal bei besonderen Kunden auf. Eine Betreuerin von ihr, die danach immer noch privat in den Laden kam, hat uns irgendwann mal die traurige Wahrheit erzählt.

War 'ne knuffige alte Dame.

Verstorbener Zeitungskunde

Seit fast siebzehn Jahren kam ein älterer Kunde (u.a.) jeden Morgen und hat seine Zeitung gekauft. Man konnte fast die Uhr nach ihm stellen. Jeden Morgen war er hier und hat, wenn wir zum Beispiel gerade am Gemüse packen waren, das Geld oft genug auch nur passend an die Kasse gelegt.

Und dann hört man plötzlich, dass er verstorben ist. Wir bekommen sowas ja leider oft gar nicht oder manchmal nur durch großen Zufall mit.

Schade. Ruhe er in Frieden.