Eine Kassiererin rief mich ganz aufgeregt nach vorne: "Der Typ hat hundertprozentig was geklaut, da vorne geht er. Der mit der dunklen Jacke."
Männer mit dunklen Jacken sehen von hinten relativ gleich aus, vor allem aus ca. 70m Entfernung. Ich fixierte dummerweise den falschen und rannte dort hin. Beim Näherkommen war ich mir schon sicher, dass er nicht gemeint gewesen sein könnte. Es ergab sich ein kleiner Dialog und ich ging nach ein paar Sätzen wieder zurück zum Laden.
"Der da drüben, der da Richtung Penny geht, ist es.", erzählte mir die Mitarbeiterin und ich rannte gemeinsam mit einem Kollegen los, um ihn noch einzuholen.
Während wir noch rannten, bog der Mann um die Ecke. Doch als wir dort ankamen, war er spurlos verschwunden. Zufällig stand dort einige Meter weiter ein Streifenwagen und da wir davon ausgingen, dass unsere "verdächtige Person" in den Penny-Markt gegangen ist, um nicht den Polizisten über den Weg zu laufen, suchten wir dort weiter.
Also "suchten" trifft es eigentlich nicht ganz. In dem Laden befanden sich mindestens zwei Personen, die von hinten etwa so aussahen wie der Gesuchte und darum haben wir die Verfolgung aufgegeben.
In einem Regal lag eine leere Packung eines "WC-Duftspülers". Die kleine Schachtel ist ca. 10x6,5x2,5cm groß, der Inhalt kostet gerade mal etwas über einem Euro.
Da fragt man sich ernsthaft, ob Leute solche Dinge nur des Nervenkitzels wegen stehlen oder ob dort Beweggründe wie Armut oder "Sparsamkeit" dahinter stehen.
Während ich gerade im Markt zugange war, ertönte auf einmal der Alarm der Warensicherungsanlage. Da momentan eine relativ neue Kollegin dort sitzt, für die der Umgang mit dem System noch völlig neu ist, kam es in den letzten Tagen häufiger mal dazu, dass der Alarm versehentlich auslöste, da sie nicht alle gesicherten Artikel kannte. Diesmal hörte das Piepen aber gar nicht auf und so sprintete ich sofort nach vorne zur Kasse.
Ein Mann mittleren Alters stand dort und hielt eine schmuddelige Sporttasche in der Hand. Er ging einen Meter zurück - der Alarm hörte auf. Als er wieder zwischen den Antennen stand, ertönte das Warnsignal erneut. Durch den halb offenen Reißverschluß der Tasche erspähte ich eines meiner Warensicherungsetiketten. Da ich einen Prototyp einer bestimmten Etikettensorte im Einsatz habe, gab es auch keine Verwechselungsgefahr: Die Flasche ist aus meinem Laden!
Ich forderte den Mann auf, mir ins Lager zu folgen. Dort packte er seine Tasche aus. Und tatsächlich: Er hatte zwei Flaschen mit Spirituosen zwischen seinen restlichen Sachen verborgen - beide mit meinen Etiketten gesichert.
Es folgte Bekanntes: Ausweis, Anzeige, Hausverbot.
Dem Typen schien es allerdings relativ egal zu sein. Seiner Aussage nach steht ihm sowieso demnächst ein mehrjähriger Urlaub auf Staatskosten bevor. Tolle Aussicht.
Man könnte wirklich meinen, dass viele Leute nicht für den eigenen Bedarf oder zur Drogenbeschaffung klauen, sondern nur für den "Kick" oder vielleicht auch einer Art persönlicher Genugtuung, bei dem Gedanken an einen, wie auch immer gearteten, "Naturalrabatt".
Im Laufe der Jahre habe ich hier natürlich auch gelernt, welche Artikel potentiell besonders gefährdert sind. So wurde weggeschlossen, ausgelistet und artikelgesichert.
Und was hat es geholfen? Die Leute sind von Kaffee, Alkohol, Tabak, Rasierklingen und hochwertigen Körperpflegeprodukten abgekommen und stehlen stattdessen Einwegrasierer, Leberwurst (ohne Packung), Käsesticks und ähnliche Dinge.
In der Sache des geflüchteten Ladendiebes vom 25. Juli habe ich nun Post von der Staatsanwaltschaft Bremen bekommen:
Das Verfahren ist eingestellt worden, weil der Täter nicht ermittelt werden konnte.
Sollten Ihnen Anhaltspunkte bekannt werden, die zur Ergreifung des Täters führen oder sonst zur Aufklärung des Sachverhaltes führen können, so teilen Sie uns dies bitte zur oben angegebenen Geschäftsnummer mit.
Ich glaube nicht, dass es noch irgendwelche Anhaltspunkte geben wird. Dies hatte ich übrigens auch schon am 25. Juli nicht mehr geglaubt.
Der Typ am Telefon wollte gar nicht wahrhaben, dass ich kein Interesse an seinen Produkten haben könnte. Dass mich biometrische Zutrittüberwachungen kalt gelassen haben, konnte er noch nachvollziehen. Dass ich mit meinen "altmodischen" Chipkarten zur Arbeitszeiterfassung tatsächlich glücklich bin, erzürnte den Mann am anderen Ende der Leitung so sehr, dass er unverzüglich wieder auflegte.
Gerade eben hat genau dieser Mann an der Kasse, beim Bezahlen seiner Müllermilch, den Alarm der Warensicherungsanlage ausgelöst. Mit dem noch direkt in Kassennähe eingesetzen Handchecker stellten wir fest, dass "irgendetwas" in seiner Kleidung den Alarm ausgelöst hatte.
Da sich die Ursache nicht unmittelbar ermitteln ließ, gingen wir mit dem Typen ins Lager, um dort, geschützt vor den Blicken der anderen Kunden, nach dem Sicherungsetikett zu suchen. Hinten angekommen gab er auch gleich zu, dass er sich drei Packungen Kaffee eingesteckt hatte.
Diesmal gab es nicht nur eine Anzeige wegen Ladendienstahls, sondern zusätzlich noch eine für den begangenen Hausfriedensbruch. Immerhin hat er das ihm erteilte Hausverbot auf sogar recht dreiste Art und Weise mißachtet.
Der Ladendiebstahl ist nur ein weiterer Eintrag in seiner Akte, der begangene Hausfriedensbruch dagegen könnte ihm tatsächlich einigen Ärger bringen.
Eine Kundin löste an der Kasse den Alarm der Warensicherungsanlage aus. Und zwar schon am Dienstag. Sie argumentierte vorgestern gleich mit der "mitgebrachten Strumpfhose", die auch schon in einem anderen Laden "gepiept" haben soll.
Gestern das selbe Phänomen. Die selbe Tasche an der selben Kundin. Wieder die "mitgebrachte Strumpfhose von gestern". Und irgendwie war's eine Mischung aus Naivität und der Tatsache, dass meine Hormone wohl nicht zulassen wollten, der hübschen Dame Böses zu unterstellen, dass ich der Sache nicht nachgegangen bin.
Erst später ist mir aufgefallen, das die Antennen am Eingang gar keinen Alarm ausgelöst hatten. Und wenn ich mich richtig erinnere, taten sie dies weder Dienstag noch gestern.
Heute werde ich die Augen aufhalten. Und wenn die junge Frau wiederkommt, werde ich mal mein beliebtes "SPAR-TV" (aka Videoüberwachung) verfolgen.
Und wehe, wenn sie was einsteckt. Dann schalte ich sämtliche Rezeptoren für gutaussehende Frauen aus.
Einer älteren Stammkundin wurde aus ihrer Tasche das Portemonnaie gestohlen. Der mutmaßliche Täter lenkte sie mit belanglosen Fragen über bestimmte Gemüsesorten ab und hat es entweder selber oder mit einem Komplizen geschafft, unauffällig in die Tasche der Kundin zu greifen.
Auch wenn sowas für die Opfer immer wieder tragisch ist, verkneife ich mir an dieser Stelle die Betroffenheit: Wann begreifen die Leute endlich, dass Geld und Papiere in einer offenen Tasche, die vorne am Einkaufswagen hängt, eben nicht sicher aufgehoben sind?
Ein Stammkunde abgerissener Typ, der ein- bis mehrmals täglich eine oder zwei leere Bierflaschen seiner an irgendeinem Kiosk gekauften Billigbiersorte abgab, hatte eben ausnahmsweise mal eine leere Cola-Kiste dabei. In der Kiste befand sich ein vollkommen unsortiertes Flaschensammelsurium, wie es für Leergutannahmestellen typisch ist. Und - was für ein Zufall - von den Paletten mit Cola-Leergut, die wir schon für die Abholung morgen Vormittag im Laden bereitgestellt hatten, fehlte eine Kiste. Ein langjähriger Mitarbeiter war zum Glück so aufmerksam und bemerkte dies.
Nach drei Versuchen, uns klarzumachen, dass er die Kiste von zu Hause mitgebracht hätte, gab er auf.
Weil meine Pizza immer kälter wurde und ich mir sie eigentlich noch wenigstens lauwarm einverleiben wollte, warf ich den Typen so raus und verzichtete auf eine Anzeige. Nicht auf das Hausverbot und insgeheim sehe ich das jetzt positiv: Nun brauche ich nicht mehr meine Zeit am Überwachungsmonitor zu verbringen, wie ich es sonst getan habe, wenn er da war.
Eine Frau mit Kinderwagen stand an der Kasse und hatte vier Pakete Kaffee in der unteren Ablage des Wagens liegen. Zwei mal Jacob's und zwei mal Dallmayr. Sie bezahlte ein kleines Eis, schob weiter und löste natürlich prompt mit dem Kaffee den Alarm der Warensicherungsanlage aus.
Als ich dazukam erzählte mir die Frau, dass die beiden Packungen Dallmayer bei einem "E"-Markt gekauft worden wären (Häh?!?) und dass ihr Mann, der an der Strassenecke warten würde, den enstprechenden Kassenbon bei sich hätte. Sie gab mir die beiden Packungen, verstaute die angeblich gerade bezahlten Pakete Jacob's wieder im Wagen und schob raus Richtung Strassenecke.
Um die Situation richtig nachvollziehen zu können erkundigte ich mich sofort noch einmal genau bei meiner Kassiererin, welche Waren denn nun bezahlt worden wären und welche nicht. Ergebnis: Nicht ein einziges der vier Kaffeepäckchen wurde bezahlt.
Ich lief hinter der Frau her und forderte den Kaffee zurück, den sie mir auch sofort ohne weiteren Protest überreichte.
Eine voll gefüllte SPAR-Tragetasche (aber nicht von uns, wie ich am Aufdruck erkennen konnte), verbarg sie sofort hinter einer kleinen Mauer. Ich weiss nicht, was darin war - aber ich würde jede Wette eingehen, dass der Inhalt nicht dem Pärchen gehörte...
Aber dass jemand fast eine komplette Packung Magnesium-Kautabletten im Laden ausleert, die leere Blisterverpackung irgendwo ins Regal wirft und die ganzen Tabletten entweder gleich hier vor Ort aufisst oder sich in die Tasche steckt, das gab's noch nie.
Die Packung hat nur 'nen Euro nochwas gekostet, aber wäre es nicht einfacher gewesen, den Blister am Stück einzustecken?!?
Vielleicht werde ich ja sogar irgendwann verstehen, warum Leute einfach ihren Müll von zu Hause hier in meine Regale werfen.
Gerade eben lag hinter den Konserven eine Tüte mit leeren Kaffeesahneflaschen der Eigenmarke eines Mitbewerbers.
Irgendwann erwische ich jemanden schon noch dabei. Ich wünsch' ihm oder ihr jedenfalls, dass ich an dem Tag zufällig keine Lust auf schlechte Laune habe.
"Ungezogen" hatte sie mich genannt. Und das ist schon Monate her. Und jetzt möchte sie mit mir reden, weil ich doch zu Unrecht die Schokolade, die sie gekauft hatte, auf den Boden gelegt hätte.
Soso, habe ich das also. Ja, genau, hätte ich.
Und sie möchte mal eben kurz mit mir reden. "Nur 15 Minuten.", sagt sie.
Ich überlege noch, während ich diese Zeilen schreibe: Stelle ich mich jetzt der Herausforderung oder habe ich hier im Büro zu tun?
Er stand an der Kasse und die Warensicherungsanlage piepste schon hin und wieder, während er sein Dosenbier bezahlte.
Der Kassierer bat ihn, stehenzubleiben, damit die Ursache für den Alarm gefunden werden konnte. Da nahm der Typ die Beine in die Hand und lief wie ein Wahnsinniger davon.
ca. 1,80m groß,
rötlichblonde Haare
graues T-Shirt
Rucksack, rot abgesetzt
ca. Mitte zwanzig
Sachdienliche Hinweise nimmt das Revier Neustadt gerne entgegen.