Ich glaube, diesen Tag markiere ich mir rot auf dem Kalender.
Noch nicht ein Kunde hat rumgestöhnt, dass es doch jedes Jahr früher wird und ob das mit der Weihnachtsware denn jetzt schon sein müsse.
Im Gegenteil!
Gleich zwei Kunden haben mich mit mehreren Stunden Abstand gefragt, ob sie schon etwas von den Sachen kaufen könnten, die da noch eingepackt im Laden standen. Beid haben zugegeben, dass sie sich schon das ganze Jahr darauf freuen würden.
Wow!
Anfang Juni
berichtete ich von "Oma Anna", einer sehr alten Frau, die gefühlt mindestens zweimal täglich hier aufkreuzt und versucht, allen möglichen Leuten möglichst viel zu erzählen. Sie kommt aber nicht nur hierher, um zu reden. Sie kauft auch ein – und zwar bei jedem Besuch. Auffälligerweise kauft sie immer die selben Produkte und wir haben schon überlegt, wie es wohl bei ihr zu Hause aussehen mag. In Gedanken wohnt sie in einem Lager für eine Handvoll Produkte, die dort in einer riesigen Menge vorrätig sind.
So kauft sie z.B. immer ein kleines (250g) Paket Kaffee. Ich kann nicht sagen, in welchen Abständen sie den Kaffee mitnimmt, aber schon relativ häufig. Vielleicht einmal pro Woche, möglicherweise auch etwas häufiger oder seltener, aber so in etwa stimmt der Intervall.
Eben habe ich sie darauf angesprochen, dass sie mit dem 500-Gramm-Paket doch deutlich günstiger davonkommen würde.
Ich musste mich schon beherrschen, nicht loszulachen, als ich ihre Erklärung hörte. Das würde sich bei ihr nicht lohnen, da sie nunmal nur sehr selten Kaffee trinkt. Ab und zu mal am Morgen eine Tasse. Da würde sich das große Paket einfach nicht lohnen, der würde sein Aroma verlieren und darum nimmt sie lieber die kleinen Pakete und die würden bei ihr auch schon immer so lange reichen...
Schilderung von Gregor:
Ein Kunde kauft zweimal das "
Pitu-Starterset". Während der Abrechnung der ec-Karte entwickelte sich folgender Dialog:
Kassierer: "Ja, dann mal guten Start."
Kunde: "Ja nee, ist eher so zum Ausklang einer Party gedacht, quasi der Rausschmeisser, meine Fete ist am Ende."
Kassierer, grinsend, "Ja, dann halt ein schönes Ende!"
Doppeldeutigkeit wird bewusst, alle schmunzeln, Kunde packt ein und verabschiedet sich mit "
Dir auch".
Hrhr.
Wer mich kennt, weiß, dass ich ziemlich viel ertrage und dass mir bei schlechten Gerüchen nicht gleich schlecht wird.
Von dem nach Kot und Urin stinkenden Typen, der eben versucht hat, irgendwie selbst beklebte (eigentlich pfandlose) Dosen am Automaten zu versilbern, ist mir immer noch schlecht.
Mich schüttelt's.
Vor einiger Zeit war einer sehr alten Kundin (fast 100 Jahre, aber noch sehr fit!) hier im Markt ein kleines Missgeschick passiert, bei dem ihr ein Konservenglas zerbrochen war. Eine Kollegin half ihr dabei, die Tasche und den Boden wieder sauberzumachen. Eine alltägliche Selbstverständlichkeit für uns...
Für die Kundin offenbar nicht. Die hat sich jetzt mit einem selbstgestrickten und total plüschigen Schal bei meiner Mitarbeiterin bedankt. Das ist doch mal lieb.
Unsere beiden Hauptkassen waren besetzt und vor ihnen warteten jeweils mehrere Kunden. Mit einer Bewerberin, die ein Kassentraining bekommen sollte, stand ich vor dem Pult mit der dritten Kasse und erklärte ihr die einzelnen Funktionen.
Plötzlich drängte sich ein Mann an den beiden Schlangen vorbei, nahm sich ein Feuerzeug vom Zigarettenträger, stellte sich neben mich und hielt mir das Feuerzeug und eine 2-Euro-Münze hin.
"
Ich kann hier leider nicht wechseln, da wir für das Training noch gar kein Geld in der Kasse haben. Nehmen Sie doch einfach zwei Feuerzeuge", sagte ich augenzwinkernd.
Nicht gerechnet hatte ich damit, dass der Kunde sich tatsächlich noch ein zweites Feuerzeug nimmt, mir das Geld in die Hand drückt, "Stimmt so!" lacht und glücklich den Laden verlässt.
Müsste man mal bei einem Großeinkauf probieren.
Die wichtigsten Küchenkräuter (Petersilie, Dill und Schnittlauch) verkaufen wir in kleinen Bunden, die mit einem Gummiband zusammengetüdelt sind. Geliefert bekommen wir sie in großen Bunden, die jeweils aus mehreren kleinen bestehen und ebenfalls wieder mit einem Gummiband zusammengehalten werden.
Während wir noch dabei waren, Gemüse zu packen, kamen ein Mann und eine Frau an die Kasse und stapelten ihren frühen Großeinkauf auf das Förderband. Nach und nach zog ich die Artikel über den Scanner, bis ich plötzlich das gerade angelieferte große Petersilienbündel in der Hand hielt. "
Oh", sagte ich. "
Da wollten Sie bestimmt nur ein einzelnes Bündel haben, oder?"
"
Ach, das sind mehrere?"
Ich bejahte, aber der Kundin war's egal: "
Machen Sie sich keine Umstände. Ich kaufe die einfach alle. Was ich nicht verbrauchen kann, gebe ich dann unserem Meerschweinchen. Das mag Petersilie total gerne."
Na, denn.
In einer der Seitenstraßen hier in der Gegend stehen immer wieder mal Einkaufswagen von mir. Leider ist nicht eindeutig erkennbar, wer nun genau für die Entführung der Wagen verantwortlich ist, denn sie stehen immer wieder unter einem der Bäume am Straßenrand.
Aber eben immer wieder an der selben Stelle.
Zufälligerweise genau an der Stelle, an der ich regelmäßig auf meinem Weg zur Firma vorbeikomme. Und genauso regelmäßig nehme ich die Wagen natürlich wieder mit zum Laden.
Und mal wieder habe ich mich dabei ertappt, dass ich darüber nachdenke, ob das nun gut oder schlecht ist, dass ich das mache. Gut, weil ich dadurch mein Eigentum wieder zurückhole und auf Dauer Geld spare. Oder schlecht, weil ich demjenigen, der die Wagen immer entführt, auch noch die Arbeit abnehme, sie wieder zurückzubringen und so möglicherweise einen größeren Anreiz biete, immer wieder meine Wagen irgendwo auf der Straße stehenzulassen.
Mein Mitarbeiter, der die Hauslieferungen erledigt, kam mit einem Einkaufswagen an die Kasse. Im Wagen standen eine Packung H-Milch, eine Flasche Wasser und eine Dose Bier.
"Oha", scherzte ich, "das ist ja eine kleine Lieferung."
"Nein, nein!" sagte er. "Das sind drei Lieferungen.
Und tatsächlich: Eine Kundin wollte 60 Liter H-Milch haben, eine weitere Kundin zwei Kisten Mineralwasser. Und ein älterer Herr ließ sich 48 Dosen Pils ins Haus bringen.
Ungewöhnlich war vor allem, dass alle drei Lieferungen des Tages aus nur jeweils einem Artikel in hoher Stückzahl bestanden.
Zwei Kundinnen unterhielten sich, dabei fiel dann auch der folgende Satz die folgende Aneinanderreihung von Wörtern: "Eh, nee, die kauf isch nisch, die kosten voll teuer!"
Mein Tipp: Das Geld lieber in eine Tüte Deutsch investieren.
Eine ältere Kundin rief an und erkundigte sich nach unserem Lieferdienst. Nachdem ich ihr die Telefonnummer meines Mitarbeiters, der die Lieferungen durchführt, gegeben hatte, wollte sie noch den Preis wissen. "
Vier Euro kostet das", sagte ich ihr.
In empörtem wie vorwurfsvollen Tonfall bekam ich zu hören, dass das "viel zu viel" wäre und dass sie in dem Fall den Lieferdienst natürlich nicht Anspruch nehmen könne.
Hallo??? Vier Euro! Dafür, das jemand durchschnittlich eine Dreiviertelstunde dafür aufbringt, die Einkaufsliste aufzuschreiben, die Sachen hier im Laden zusammenzusuchen und schließlich zum Kunden zu bringen. Unglaublich, was die Leute immer für Vorstellungen haben, wieviel eine Leistung kosten muss...
Angewidert war der Kunde die Packung Frischfleisch zurück in die Truhe: "Igitt, das ist ja nur noch einen Tag haltbar."
Oh, Mann...
Ein Kunde reklamierte einen Kuchen. Vier hätte er davon gekauft und die anderen drei hatte sein kleiner Sohn gegessen, dem es jetzt total elend davon gehen würde. (Ich hätte nach drei dieser Snacks auch Bauchschmerzen, aber das nur am Rande...)
Alle vier sollten wir ihm erstatten. So ganz ohne Anhaltspunkt, zum Beispiel einen Kassenbon oder zumindest die leere Packung, zahle ich aber nicht einfach Geld aus. Also schlug ich vor, dass er die drei leeren Packungen auch herholt.
In der Zwischenzeit haben wir das reklamierte Stück probiert, für absoulut gut befunden – und aufgegessen. Als der Mann wiederkam, bot ich ihm natürlich an, den gegessenen vollständig zu erstatten. Weiter kam ich aber gar nicht. Er nahm zwar das Geld, aber unter der Androhung, dass wir uns vor Gericht wiedersehen und dem Hinweis, dass ich soeben
Beweismaterial vernichtet hätte, verließ er den Laden.
Aber leckeres Beweismaterial.
Ich saß an der Kasse und stellte, nachdem alle Kunden abkassiert waren, das "Kasse geschlossen"-Schild auf. Die letzte Kundin packte gerade noch ihre Sachen zusammen und freute sich für mich:
Da haben Sie ja jetzt auch endlich Feierabend. War ja bestimmt auch schon ein langer Tag. Dann schnell nach Hause und genießen Sie das Wochenende.
Wenn's nur so wäre...
Aber vom Schließen der Kasse gleich auf den (später sicherlich wohlverdienten) Feierabend zu schließen, finde ich gewagt.