Eine junge Frau wollte Kaffee aus der Vitrine haben. Der Vorgang des Aufschließens dauert natürlich ein paar Sekunden und praktischerweise erkundige ich mich währenddessen schonmal nach der gewünschten Sorte oder erkläre, warum der Kaffee eingeschlossen ist.
In diesem Fall musste ich dabei "etwas" lauter reden. Die Kundin hielt nämlich die ganze Zeit ihr Handy in Bauchhöhe in der Hand. Ihr Handy, aus dem auf Maximallautstärke aus dem eingebauten Lautsprecher verzerrt und schrabbelig irgendwelche HipHop-Mucke plärrte.
Eine Kollegin war in Zivilbekleidung im Laden. So bekam sie mit, wie eine kleine Gruppe besonders "cooler Checker" etwas suchte und einer von Ihnen die tolle Idee hatte, mal "einen von den Honks, die hier herumrennen" zu fragen.
Eigentlich schade, dass man mittlerweile so abgestumpft ist, dass einem solche Sprüche links rein und gleich rechts wieder herausgehen. So im Nachhinein betrachtet, hätte man denen eine passende Antwort um die Ohren hauen müssen.
Ein Mann und eine Frau betraten eben als erste Kunden der Woche den Laden. Offenbar waren sie Kollegen und arbeiten für die Stadt Bremen. Während die Situation hier für ihn vollkommen normal war, kam sie aus dem Staunen nicht mehr heraus und konnte nicht oft genug betonen, dass sie noch nie um diese Zeit in einem Supermarkt war und dass das ein total komisches Gefühl sei.
Den kompletten Kulturschock verpasste ich ihr vermutlich in dem Moment, als ich ein Blech voller frisch gebackener Brötchen in die Schütte gleiten ließ.
Eine Kundin legte eine Tüte voller Brötchen auf das Kassenband. Als sie dran war, nahm ich die Tüte in die Hand, versuchte abzuzählen, wieviele Brötchen da wohl drin sein dürften und fragte die Kundin: "Fünfzehn Stück?"
Sie zuckte nur mit den Schultern.
Okay, fünfzehn. Vielleicht habe ich ihr jetzt auch ein oder zwei Stück geschenkt. Oder vielleicht hat sie jetzt auch ein oder zwei Stück zu viel bezahlt. War ihr vermutlich auch egal...
Es kann immer mal ein Fehler passieren. Schlechte Ware, an der Kasse doppelt oder falsch gebuchte Artikel. Natürlich ist das für den Kunden ärgerlich. Aber da kann man ja auch mal was sagen und die Ware wird umgetauscht, bzw. zu viel berechnetes Geld erstattet.
Was ich persönlich überhaupt nicht ertrage: Wenn Kunden anrufen, sich nichtmal vorstellen, sondern gleich losmeckern, einem dabei unterstellen, dass man sie absichtlich um ihr Geld bringen würde – und einen weder erklären noch ausreden lassen.
Im Geiste möchte man diese Leute erwürgen. Da hilft mir dann auch das Argument "Ich bin langjährige Stammkundin bei Ihnen" nicht mehr.
Eine Kundin behauptete steif und fest, sie hätte meinem Kassierer nicht einen 10-, sondern einen 50-Euro-Schein gegeben und dehalb 40 Euro zu wenig Wechselgeld bekommen.
Auf der Videoaufzeichnung war ohne jeden Zweifel zu erkennen, dass die Banknote rosarot leuchtete – womit sie sich eindeutig als "Zehner" auswies.
Die Kundin blieb bei ihrer Behauptung. Sie habe zu Hause doch nur Fünfziger eingesteckt und daher kann das nicht anders gewesen sein.
Nachdem ich ihr angeboten hatte, mit mir zusammen die Aufzeichnung anzusehen, war's plötzlich "egal". Wenn wir das sagen, würde das das wohl stimmen; winkte ab und ging.
Ein junger Mann betrat den Laden und sprach einfach so einen meiner Mitarbeiter an. Ein Handy wollte er ihm anbieten: "Total günstig, kaum gebraucht."
Der Preis in Höhe von 200 Euro mag ja angemessen gewesen sein. Wir haben trotzdem abgelehnt. Eigentlich hätte man mal die Reaktion beobachten sollen, wenn man vorgeschlagen hätte, die Polizei anzurufen und die IMEI-Nummer überprüfen zu lassen.
Die Kundin wirkte recht "fromm": Mittleres Alter, geschlossene Bekleidung in gedeckten Farben, ruhiges Auftreten. Das muss natürlich nichts bedeuten.
Könnte aber ihren Blick erklären, als ich ihr an der Kasse den zu zahlenden Betrag in Höhe von 6,66€ nannte. Sie guckte so entsetzt, als wäre sie dem Teufel persönlich begegnet.
Manche Kunden wollen einfach, dass man ihnen Märchen erzählt, oder?
Eine Kundin wollte eine bestimmte Sorte Lebkuchen haben. Ich ließ durch die Kollegin, die sie zuerst angesprochen hatte, ausrichten, dass wir diese Lebkuchen dieses Jahr leider nicht da haben, da sie diesmal nicht gelistet waren. Sicherheitshalber blätterte ich sogar noch einmal schnell das Bestellbuch für die Weihnachtssüßwaren durch. Wie ich richtig in Erinnerung hatte, war dieses spezielle Sorte nichtmal darin vorhanden. Das sagte meine Mitarbeiterin der Kundin schließlich auch.
Die sehr aufgebracht wirkende Reaktion der Kundin war etwa folgende: Sie hat hier in den letzten Wochen immer diese Lebkuchen gekauft und meine Verkäuferin hätte ja keine Ahnung und sie solle mal ihr Sortiment besser kennenlernen.
Was tun? Nun: Eine andere Kollegin erklärte dann zwei Minuten später der Kundin, dass die von ihr gesuchten Kuchen auch geliefert wurden, aber leider schon alle ausverkauft sind. Und dass Weihnachtsgebäck schon Monate vor dem Verkauf bestellt werden muss und das wir deshalb "ihre" Lebkuchen leider nicht wiederbekommen können.
Da war sie wieder ganz friedlich: "Naja, dann ist das eben so. Aber trotzdem vielen Dank für die Mühe.
Man muss nicht gleich mit der Verbraucherzentrale drohen und und unfreundlich zu "belehren", dass ein Bon bei einer Reklamation eben nicht vorzuliegen braucht – nur weil man bei einer solchen mal freundlich nach dem Kassenbon gefragt wird.
Manchmal möchte der Verkäufer für die Erstattung nämlich auch einfach nur wissen, wie teuer der Artikel war – ohne durch den halben Laden laufen zu müssen.
Ein Kunde stelle mir ein größeres Paket an die Lagertür, das mit mehreren ineinandergeschachtelten Plastiktüten umhüllt war.
Ohne weitere Erklärungen fing er an, den Inhalt der Tüten zu beschreiben. Da er ohne Umschweife zur Sache kam und direkt losplapperte, bekam ich nur halbwegs mit, was er da beschrieb. Irgendwas mit HP-Drucker, drei Monate alt, mit Faxfunktion und Treiber-CD. Ich sah ihn fragend an:
Und?
20 Euro.
Wie, 20 Euro?
Naja, für 20 Euro geben wir den her. Der gehört einem Bekannten von mir und der braucht dringend Geld.
Aber ich brauche das Ding nicht.
Der Preis ist gut.
Ich zuckte mit den Schultern.
Der ist gerade drei Monate alt. Da sind 20 Euro echt geschenkt. Da ist alles dabei, auch die Kabel und so.
Aber ich brauche keinen Drucker. Wir sind hier in der Firma bestens ausgestattet.
Und das Fax?
Haben wir auch. Ich brauche den kleinen Drucker wirklich nicht...
...und verwies auf ein Warenhaus hier in der Gegend, das sich auf gebrauchte Ware spezialisiert hat. Auf was für Ideen die Leute nur immer kommen...
Ein bisschen peinlich war's ja schon: Nachdem ich der Kundin einen Artikel gezeigt hatte, drehte ich mich um und sie rief mir freudestrahlend hinterher: "Klasse!"
Ich drehte mich wieder zu ihr, wollte noch etwas Nettes sagen. Sowas wie "Kein Problem" oder "Selbstverständlich" – oder um einfach nochmal freundlich zurückzulächeln. Aber sie beachtete mich gar nicht.
Ihren Sohn mit nordischem Vornamen hatte sie gerufen: "Lasse!"
Ein alter Mann blieb vor den Tiefkühlschränken stehen, verblieb so eine Weile und betrachtete völlig verträumt und mit leuchtenden Augen die Weihnachtsdeko.
Irgendwann fasste er sich ein Herz und fragte eine meiner Mitarbeiterinnen, ob er eines der beleuchteten Rentiere käuflich erwerben könne.
Er hat die Enttäuschung zum Glück mit Fassung getragen. Wir können ja nicht die ganze Geschäftsausstattung veräußern.
Ein junger Mann suchte Einwegrasierer. Nicht in den handelsüblichen kleinen Tütchen mit ein paar Stück Inhalt, sondern gleich einen ganzen Karton. Von Wilkinson gibt es sowas z.B. in einer Einheit mit 100 Rasierern.
Zu medizinischen Zwecken kann ich den Einsatz der Rasierer ja noch nachvollziehen, aber warum man sowas für sich privat sucht, verstehe ich nicht. Einwegrasierer mögen im ersten Moment deutlich günstiger sein als Markenklingen – aber deren Haltbarkeit in Kombination mit dem erhöhten Komfort macht einen großen Teil des Preises wieder wett. Zumindest empfinde ich das so. Ich habe es nie genau protokolliert, aber grob geschätzt hält bei mir eine Wilkinson-Quattro-Klinge bestimmt drei Monate. Da relativiert sich der Anschaffungspreis der Klingen nämlich wieder.
Zwei junge Männer auf dem Weg durch den Laden. Ich habe nicht mitbekommen, um was es gingt, es hörte sich unter anderem wie ein deutlich betontes "Scheißladen" an.
Vielleicht sprachen sie ja auch gar nicht von meinem Laden hier. Irgendwie mochte ich das auch nicht hinterfragen – und nun killt mich die Neugierde.