Irgendwie freue ich mich ja doch immer wieder, wenn man jemanden, der einem zuerst verdächtig vorkam, über die Videoanlage beobachtet und dann feststellt, dass er einfach nur aus Unentschlossenheit so viel hin- und her lief.
Es gibt leider auch viele, viele Negativbeispiele dafür.
Ein Kunde hatte sich vor einiger Zeit mündlich um einen Job als Kassiererer beworben - und zwar ausgerechnet für die Abendschicht am Samstag, die ich als besonders schwierig betiteln würde.
Ich behaupte, dass ich im Laufe der Jahre ein ganz gutes Gefühl dafür bekommen habe, wer potentiell für den Job brauchbar ist und wer nicht und in diesem Fall war ich mir sicher, dass Posten und Bewerber nicht füreinander gemacht sind. Ich sagte ihm also, dass ich niemanden brauchen würde. Der ihm aus allen Poren ausdünstende Alkohol vernebelte dabei sogar mir beinahe die Sinne.
Zwei Tage später saß ich am Vormittag selber an der Kasse, als der Kunde den Laden betrat. Er wollte zwei kleine Flaschen Alkohol kaufen, Stückpreis 2,79€. Wieviel die kosten würden, wollte er wissen. Ich nannte ihm den Preis von einer Flasche und er stellte mir doch tatsächlich die Frage, ob beide zusammen weniger als fünf Euro kosten würden und ob sein 5€-Schein dafür reichen würde. Leider war dem nicht so und folglich konnte er nur eine Flasche mitnehmen.
Vom offensichtlichen Alkoholproblem mal abgesehen: Jemand, der nicht in der Lage ist, zwei Zahlen im der genannten Größenordung im Kopf zu addieren, ist zumindest an der Kasse denkbar schlecht aufgehoben...
Eine Kollegin war mit einem bestimmten Regal beschäftigt, als ihr ein Pärchen auffiel. Die beiden kauften ein, unterhielten sich, lachten und passierten die Stelle, an der meine Mitarbeiterin arbeitete. Kurze Zeit später kamen sie durch einen gänzlich anderen Gang wieder an die selbe Stelle.
Er: "Waren wir hier nicht schon einmal?"
Sie: "Kommt mir irgendwie bekannt vor..."
Er: "Ich glaube, wir sind im Kreis gelaufen."
...und dabei ist mein Laden doch so übersichtlich.
Ein Stammkunde wies mich vorhin darauf hin, dass eine Gruppe Heranwachsender nicht nur ihr Leergut in den Automaten gesteckt, sondern auch mehrere pfandlose Glasflaschen (u.a. von Spirituosen) einfach davorgestellt hätten.
Da der Mülleimer nur zwei Armlängen entfernt gewesen ist, ging ich zu der Gruppe und klärte sie Jugendlichen darüber auf, dass "dieses komische blaue Ding, das da in dem Metallgestell hängt", ein sogenannter "Müllsack" ist und dass diese Dinger ungemein praktisch sind, weil man nämlich seinen Müll nicht vor anderer Leute Leergutautomaten auf den Boden zu stellen braucht.
"Aber das ist Altglas und kein Müll", klärte mich einer der Jungs auf. Das änderte natürlich alles. Dadurch, dass das Altglas auf dem Boden stand, wusste ich natürlich sofort, dass ich dieses Glas bitte ordnungsgemäß dem Recycling zuführen soll. Was denken die Leute bloß immer?
Eine ältere Kundin brachte uns dieses Tütchen Pfeffer.
Ich dachte zuerst, sie wollte reklamieren, dass sie bei uns den abgelaufenen Pfeffer gekauft hätte. Aber zum einen gab es diesen Laden 1999 noch gar nicht und zum anderen ist dies hier definitiv kein Penny-Markt.
Nein, sie wollte gar nichts reklamieren. Sie hatte das Gewürz beim Aufräumen hinten in ihrem Küchenschrank gefunden und wusste nicht so recht, was sie damit machen sollte. Schließlich kam ihr der Gedanke, dass wir hier sicherlich öfter mal alte Lebensmittel entsorgen würden und uns doch dabei auch gleich um ihren Pfeffer kümmern könnnten.
Als wenn's die heimische Mülltone nicht auch getan hätte.
Ein Kunde kommt fast jeden Abend oder zumindest im Laufe der Nacht und kauft zwei Flaschen einer bestimmten Biermarke.
Er nennt es "Schlafzoll", denn diese beiden Flaschen verschenkt er nach eigener Aussage an seine alkoholabhängige Nachbarin, die ansonsten mangels "Stoff" nachts nur Krach macht, flucht, schreit und randaliert. Nach Genuss der zwei Bierchen soll sie allerdings erträglich sein und angeblich die allgemeine Nachtruhe einhalten.
Wir können uns nicht entscheiden, ob wir die Story nun glauben sollen oder nicht.
Um kurz nach 0 Uhr klopften noch zwei junge Frauen an der Tür und eine bat bettelte darum, dass wir ihr doch noch eine Nylonstrumpfhose verkaufen. Ihre hat versehentlich ein hässliches Brandloch bekommen und so könne sie unmöglich ihren Abend fortsetzen.
Natürlich konnte ich ihr die Hose verkaufen. Und nicht nur das: Besonders freute sie sich über unsere spontane Idee, dass sie die Damentoilette kurz als Umkleidekabine nutzen konnte. Disco-Tour gerettet.
Die meistens Einkaufsgutscheine werden innerhalb weniger Tage wieder eingelöst. Die meisten, wohlgemerkt.
Über ein halbes Jahr zwischen Ausstell- und Einlösedatum ist zwar auch noch keine Ewigkeit, reichte aber, um mich völlig vergessen zu lassen, dass ich ihn überhaupt ausgestellt hatte.
Aber noch so misstrauisches Beäugen half nichts: Der Schein war definitiv echt, von mir selber mit Kugelschreiber ausgefüllt und gestempelt...
Ein paar Frauen und ein Mann mit vermutlich südosteuropäischer Herkunft standen bei mir an der Kasse und kauften einige Dinge ein. Eine der Frauen wollte eine E-Plus-Guthabenkarte für ihr Handy haben.
Kurze Zeit später begann der Mann mit den Frauen offenbar über die Telefonkarte oder die verschiedenen Telefonanbieter zu diskutieren. Ich habe schon oft erlebt, dass Ausländer sich auf ihrer Muttersprache unterhalten und hin und wieder vereinzelte deutsche Wörter in ihre Sätze einbauen. Gerade bei Migrantenkindern, die oft ihre Muttersprache als Zweitsprache lernen, erlebt man das recht häufig und führt immer wieder zu erstaunten Blicken bei den Zuhörern. Zumindest geht mir es regelmäßig so.
Zwischendurch fiel der Gesprächsfetzen "Blabla E-Plus". Und nun überlege ich schon seit Stunden, ob "Blabla" wohl die offizielle Übersetzung von "Telefongesellschaft" auf Rumänisch, Serbisch oder Albanisch ist...
Eine Kundin sprach mich vorhin an:
"Äntuldungwehmsedemüselmifruchwiederbekokönsemiainzurkleg."
Ich verstand nur Bahnhof, Endstation, sah sie etwas irritiert an und stellte die knappe Frage: "Wie, bitte?"
Sie wiederholte, diesmal deutlich lauter:
"ÄNTULDUNGWEHMSEDEMÜSELMIFRUCHWIEDERBEKOKÖNSEMIAINZURKLEG!!!"
Nach einigem Nachfragen wusste auch ich dann, dass wir, sobald wir ein bestimmtes Früchtemüsli wieder geliefert bekommen würden, für sie eine Packung davon zurücklegen sollen.