Ein Mann betrat mit einem Rucksack auf dem Rücken den Laden und steuerte direkt auf den Leergutautomaten zu. Dieses Verhalten war relativ normal, offensichtlich wollte er sein im Rucksack mitgebrachtes Leergut entsorgen.
Aber weit gefehlt.
Vor dem Leergutautomaten blieb er stehen, nahm den Rucksack ab, öffnete ihn, nahm eine zusammengeknotete Kunststofftragetasche voller leerer Gläser und Küchen-/Haushaltsabfälle heraus und stopfte diese in den Müllbehälter vor dem Automaten. Dann verschloss er den Rucksack wieder, setzte ihn auf und ging in Richtung Kasse.
Mir war's egal, was er davon hielt, aber ich pfiff ihn zurück und ließ ihn seinen Müll wieder einsammeln – was er auch murrend tat. Geht's noch?!?
Wir hatten ein kleines Problem mit dem Leergutautomaten. Nichts Schlimmes, aber in der Folge mussten wir ihn neu starten und alleine bis die Software hochgefahren ist, dauerte es ein paar Minuten. Also war hier an der Leergutannahme für eine knappe Viertelstunde die klassische Handarbeit angesagt.
Eine Kundin mittleren Alters machte dabei einen Aufstand sondergleichen. Wenn wir die Sachen von Hand annehmen würden, könnte sie das ja nicht kontrollieren und man weiß ja nie, was dabei so passiert. Sie hat es nicht direkt so ausgedrückt aber ihre Wortwahl ließ schon erahnen, dass sie davon ausging, dass wir sie dabei bescheißen würden.
Meine Mitarbeiterin konterte: "
Dann haben Sie jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder, Sie packen das alles selber aus und stapeln die Flaschen mal eben ordentlich hier in den Einkaufswagen, damit wir das zusammen durchzählen können – oder Sie kommen dann zurück, wenn der Automat wieder funktionsfähig ist."
Auf einmal waren wir wohl doch vertrauenswürdig: "
Nee, nee, das geht schon so.".
Meine Kollegin nahm die Flaschen von Hand an und als sie der Kundin den Leergutbon in die Hand drückte, wurde diese plötzlich superfreundlich und wollte wissen, ob wir noch Mitarbeiter suchen würden. Sie sei nämlich gelernte Einzelhandelskauffrau und derzeit auf Jobsuche.
Klar, erst unterstellt sie, dass wir sie betrügen würden und dann fragte sie hier nach einem Arbeitsplatz…
Dazu fällt mir nur eins ein:
Als ich durch den Laden ging, bemerkte ich eine rosafarbene Lache auf dem Boden. Es sah aus, wie ausgelaufenes Milchmischgetränk im Plastikbecher, also Müllermilch, bzw. der Eigenmarken-Klon davon. Von dort ausgehend lief eine Spur aus mehr oder weniger dicken Tropfen bis in die Nähe des Kühlregals, dort fand ich einen etwas kleineren Erdbeermilchsee.
Ich kombinierte: Einem Kunden war der Pott heruntergefallen und war etwas aufgeplatzt. Dennoch nahm er ihn mit, allerdings gab es zehn Meter weiter ein erneutes Malheur und ein weiterer Teil des Milchgetränks lief aus.
Aber wo war der Becher?
Nach kurzer Suche fand ich ihn im nahegelegenen Saftregal zwischen den dort platzierten Flaschen. Zum Glück war nicht viel ausgelaufen, nur am Fuß des Bechers war ein rosa Ring zu erkennen. Ich griff nach ihm – und musste in exakt dem Moment feststellen, dass er an der Seite von oben bis unten aufgerissen und dabei dummerweise auch noch halb gefüllt war. Irgendwie hatte der Innendruck des Bechers die Teile am Riss so zusammengepresst und abgedichtet, dass keine weitere Flüssigkeit auslief. Das ging so lange gut, bis der Druck meiner Finger den Becher verformte.
Ich lasse eurer Fantasie freien Lauf, euch die wilden Flüche, die ich während der Reinigung des Saftregals und der darin stehenden Flaschen von mir gegeben habe, vorzustellen. Seid kreativ, sehr kreativ.
Wie kann man so ein kaputtes Gefäß irgendwo in ein Regal stellen? Denken die Leute denn überhaupt nicht nach?!?
Eine junge Frau kam an die Lagertür und erkundige sich bei einem Kollegen, ob sie mal die "weggeschlossenen Sachen" sehen dürfe. Ohne lange zu überlegen, griff er nach dem Schlüssel für unsere Vegan-Vitrinen:
Einmal vegan, kommt sofort",
grinste er. Sie war irritiert:
"Was hatten Sie verstanden?"
"Na, die veganen Produkte. Die sind bei uns weggeschlossen und ich nehme an, dass Sie die haben wollten",
war seine Antwort. Da klärte sich das Missverständnis auf. Sie hatte nach "weggeworfenen Sachen" gefragt.
Sie wollte doch tatsächlich einen Blick in unseren Müllcontainer werfen. Das war jetzt sozusagen "Containern mit Anklopfen". Mein Mitarbeiter sah mich fragend an, ich zuckte nur mit den Schultern und so zeigte er ihr den Inhalt des Restmüllbehälters.
Sie hatte wohl auf die üblichen Mengen gehofft: Bergeweise verpackte Waren, die im Idealfall das aufgedruckte Haltbarkeitsdatum höchstens gerade eben überschritten hatten und kistenweise Gemüse mit kleinen Schönheitsfehlern. Dem war aber absolut nicht so.
Das Gemüse war bei der Küche für die Obdachlosen gelandet und noch brauchbare Lebensmittel landen hier bei mir schlicht und einfach nicht im Müll.
Sichtlich enttäuscht verließ sie mit hängenden Schultern den Laden. Ich glaube, sie hatte bislang noch nicht erlebt, dass ihr jemand in einem Supermarkt freiwillig den Müllcontainer gezeigt hat und dieser sozusagen vollkommen leer ist.
Eine Kundin reklamierte eine (vormals tiefgefrorene) Packung Hühnerfrikassee, weil sich darin ein "ekeliger schwarzer Schimmelfleck" befindet. Da die Packung aufgetaut war, ließ sich der ominöse Fleck recht einfach begutachten und stellte sich als beinahe kreisrunde Scheibe eines Champignons heraus.
"
Das ist völlig in Ordnung", sagte ich ihr. "
Das ist nur ein etwas dunkleres Stück eines Pilzes."
"
In der anderen Packung sind die alle weiß", bekam ich als Antwort.
"
Naja, nun… So ist das in der Natur. Pilze wachsen nicht immer so, wie man sich das gerade wünscht und die können auch nunmal einmal etwas heller und dann wieder etwas dunkler ausfallen."
"
Aber das ist ekelig."
"
Was soll daran ekelig sein? Das ist ein Champignon wie viele andere auch."
"
Das kann ich so wohl nicht meinen Gästen anbieten."
Sie nahm eine neue Packung aus der Tiefkühlung in die Hand: "
Hier, die mache ich jetzt auf und gucke da rein, bevor ich die mitnehme."
"
Und wenn da auch ein dunkler Pilz drin ist, habe ich hier eine aufgerissene Packung liegen, die ich nicht mehr verkaufen kann…"
"
Doch, die nehme ich dann auf jeden Fall mit."
"
DANN brauchen Sie die gar nicht erst aufzumachen. Streng genommen können Sie dann auch gleich die alte Packung wieder mitnehmen.
Ich hatte keine Lust und Zeit, noch weiter mit der Frau zu diskutieren und habe die aufgetaute Packung gegen eine neue umgetauscht und mir ganz fest vorgenommen, beim nächsten Vorfall dieser Art direkt auf den Hersteller zu verweisen.
Ganz unten in dem Müllsack vor dem Leergutautomaten lag eine (pfandlose) Getränkedose. Ein etwa 6-jähriger Junge hatte sie enteckt, kam aber von oben nicht an.
Was macht das Bratzi? Reißt den Sack schlicht und einfach unten auf. Ist ja auch scheißegal, ob der Rest des Inhalts auf den Boden fällt.
Ein Kunde betrat mit einem Handy am Ohr den Laden und steuerte direkt auf den Leergutautomaten zu. Aufgeschnappter Gesprächsfetzen im Vorbeigehen:
Du, ich mach jetzt Schluss. Ich bin gerade beim REWE und will mal eben mein Leergut loswerden.
Pah.
Das Phänomen, dass Schilder und Hinweise prinzipiell nicht gelesen weren, habe ich hier ja nun schon häufiger erläutert. Selbst wenn am Eingang ein großes blinkendes Schild mit lauten Soundeffekten stünde, dass man beim Betreten des Ladens seine Seele und Großmutter verkauft, würde dies niemanden davon abhalten, hier hereinzukommen.
Nun klopfte ein junger Mann zaghaft an der Lagertür. Er hielt mir eine Einkaufstüte mit leeren Getränkedosen vor die Nase und erklärte mir, dass auf dem Display des Automaten "
Flaschen bitte mit dem Boden voraus einlegen." steht, er aber lediglich Dosen abgeben möchte.
Man glaubt's kaum.
Eine Kundin wollte von mir wissen, wo wir Kartoffeln haben. Ich führte sie brav zur Gemüseabteilung und zeigte ihr unsere bescheidene Auswahl. Sie bedankte und freute sich.
Und ich wundere mich: Obst und Gemüse findet man bei mir hier, wie in den meisten anderen Supermärkten auch, unmittelbar in der Nähe des Eingangs. Man kann die Abteilung gar nicht verfehlen, geschweige denn übersehen. Und in welcher Abteilung werden wohl die Erdäppel stehen, na?
Ein reichlich angetrunkener Kunde hatte bereits seinen Biernachschub bezahlt und kam nochmals in den Laden, weil ihm nämlich seiner Meinung nach viel zu viel Geld an der Kasse abgezogen worden sei.
Dem war aber nicht so und hätte er einen etwas geringeren Alkoholpegel gehabt, wäre ihm sicherlich auch aufgefallen, dass er sich am falschen Regaletikett orientierte.
Jede Diskussion war leider zwecklos. Und nicht nur das: Er wurde laut und ausfallend und weil mir das zu blöde war, wollte ich mich umdrehen und ihn einfach alleine im Laden stehen lassen. So merkbefreit, wie er bis jetzt war, so reaktionsschnell war er plötzlich: Mit beiden Händen griff er in Brusthöhe nach dem Stoff meiner Weste und hielt mich so mit beiden Händen fest. "
Vooorsicht!!!", schrie ich ihn an. Und: "
Pack' mich nicht an, sonst passiert hier noch etwas!"
Ich musste mich sehr beherrschen, ihn nicht schwungvoll von mir wegzuschleudern. Das Chaos hier im Laden hätte es nicht gebraucht. Mein Adrenalinpegel übertraf seinen Alkoholgehalt inzwischen um Längen. Ich kann vieles ab, aber wenn mich jemand anfasst oder die Hand gegen mich erhebt, werde ich recht –öhm– ungehalten.
Ich ließ ihn schließlich doch einfach stehen und er trollte sich ohne weitere Diskussion. Sehr schön. Eine derart eskalierende Situation hätte es heute Abend nicht mehr gebraucht.
Immer wieder gehen Kunden so aus dem Laden, ohne etwas zu bezahlen. In den meisten Fällen dürften sie den gewünschen Artikel nicht gefunden haben oder sie haben das Geld vergessen oder was auch immer…
Wann immer ich das mitbekomme, kitzelt es mich in den Fingern, einfach mal nach dem Grund zu fragen. Wenn die Kunden unmittelbar in meiner Nähe (z.B. wenn ich gerade an der Kasse sitze) herausgehen, frage ich hin und wieder mal, wenn gerade nichts los ist, ob sie irgendetwas bestimmtes gesucht hätten. Manchmal konnte ich auf diese Weise tatsächlich schon helfen, weil Leute nicht aus eigenem Antrieb einen meiner Mitarbeiter gefragt haben und sich das vermeintlich nicht vorhandene Produkt einfach nur gut versteckt hielt.
Aber man mag sich ja auch nicht einfach auf jeden Kunden / jede Kundin stürzen, die unverichteter Dinge das Geschäft verlassen. Aber die Neugierde plagt mich jedes Mal, wenn ich das mitbekomme.
Ein Kunde mittleren Alters hatte einen halb gefüllten Einkaufswagen, der sich langsam immer weiter füllte. "Langsam" vor allem deshalb, weil er bei
je-dem Artikel das Haltbarkeitsdatum kontrollierte. Also z.B. auch bei Konserven und Dosenbier.
Was mag der denn wohl mal erlebt haben?!?
Ohmann… Da kommt man morgens nichts Böses ahnend in den Laden und dann hat irgendjemand (vermutlich gestern recht spät am Abend) eine Packung Jacob's Krönung in ganzen Bohnen in die Kaffeemühle der kleinen Kaffeerösterei geschüttet. Entweder war das reiner Vandalismus oder der Kunde / die Kundin hat nach dem Öffnen und Umfüllen der Packung vergessen, die Maschine einzuschalten und den Kaffee hinterher auch zu bezahlen.
Vor geöffneten Lebensmitteln, von denen ich nicht weiß, wer seine Finger darin hatte oder was sonst noch damit passiert sein könnte, habe ich übrigens tatsächlich eine gewaltige Abneigung. Daher war der Kaffee ein Fall für die Tonne. Den mochte ich weder selber trinken, noch für meine Mitarbeiter in den Pausenraum stellen.
Bei unserer dritten Kasse, der "Notkasse", hatte ich den Drucker ausgebaut, da ich ihn gegen einen neuen tauschen musste. Unter Normalbedingungen (also außer vor Feiertagen im Grunde nie) brauche ich die Kasse nicht und so hatte ich es mit dem Einbau nicht so eilig. Mr. Murphy sah das aber ganz anders und so stapelten sich die Kunden plötzlich durch den halben Laden. Also öffnete ich notgedrungen auf die Schnelle eben jene Kasse – ohne daran zu denken, dass ich keine Bons drucken konnte. Egal, wichtiger war mir in dem Moment, dass die Leute nicht so lange zu warten brauchten.
Bei einer Kundin kam ich dummerweise durcheinander und war mir schließlich nicht mehr sicher, welchen Artikel ich schon erfasst hatte und welchen nicht. Also erklärte ich, was ich nun warum machen werde: "Ich kann hier an dieser Kasse momentan leider keine Bons drucken. Daher fange ich nochmal von vorne an, damit ich sicher sein kann, dass ich Ihnen nicht gerade 1,09 Euro zu viel abziehe."
Nachdem alles fertig war, wollte die Kundin noch ihren Kassenbon haben und war ganz enttäuscht, als ich ihr keinen geben konnte. "Das ist jetzt aber schlecht…", moserte sie.
"Naja", entgegnete ich. "Ich habe Ihnen aber vor knapp zwei Minuten gesagt, dass ich hier keinen Kassenbon drucken kann."
Sie sah mich ungläubig mit großen Augen an, aber verzichtete schließlich auf mein Angebot, die Sachen an einer der anderen Kassen noch einmal zu scannen.
Eine Kundin mittleren Alters kam mit mehreren Tafeln Schokolade eines skandinavischen Herstellers an die Kasse. Da wir gerade die Preisetiketten neu drucken mussten, befand sich am Regal ausnahmsweise mal keine Preisauszeichnung.
Zuerst dachten wir, die Frau wollte nur Spaß machen: "
Da steht kein Preis dran, dann bekomme ich die ja umsonst."
Allerdings stand sie beharrlich an der Kasse, blockierte alles und wollte das ernsthaft ausdiskutieren und äußerte währenddessen, dass sogar der Gesetzgeber vorschreibt, dass man Ware ohne Preisauszeichnung umsonst mitnehmen dürfe.
Kräfteraubend, sich mit
sowas beschäftigen zu müssen.