Eine Kollegin kam ins Büro, in dem ich mich gerade mit einem meiner Mitarbeiter befand. Auf dem Treppenabsatz stehend verkündte sie, dass ein Kunde gegarte Rote Bete suchen würde. weil er diese zum Backen benötigen würde.
Ohne uns anzusehen und ohne Absprache antworteten wir zeitgleich: "...zuuuuuum Backen?"
Rote Bete zum Backen?!? Gemüsekuchen?
(Ich weiß, dass es Gemüsekuchen gibt. In der Vorweihnachtszeit denkt man aber im ersten Moment wohl immer an etwas andere Gebäckstücke... )
Frau Meiermüllerschulz rief an und wollte wissen, ob wir ihr heute Ware nach Hause liefern können.
Ich verneinte und nannte ihr, wie schon so oft in der Vergangenheit, unsere beiden Liefertage, Dienstag und Freitag. Spätestens nächste Woche weiß sie das alles aber schon nicht mehr...
Natürlich kann jeder Kunde so oft kommen, wie er will und auch das kaufen, was er möchte...
...aber irgendwie ist's schon auffällig, wenn der selbe Kunde in Laufe einer Nacht vier mal hierher kommt und bei jedem Einkauf ein paar Kohlrabiknollen mitnimmt.
Eine Kunde, der sonst relativ viel einkauft und dafür nie einen Kassenbon mitnimmt und heute nur eine Flasche vom billigsten Bier kaufte, brauchte dafür unbedingt den Kassenbon. Ich war so überrascht, ich hätte ihn fast gefragt, ob er auch 'ne Quittung braucht.
Im Markt in Findorff nehmen wir zwangsläufig auch Einweg-Leergut an, allerdings deutlich weniger als hier in der Gastfeldstraße. Um die Verluste durch die Zählzentren zu vermeiden, stecke ich die Flaschen und Dosen hin und wieder in meinen Automaten, der sie entwertet und direkt für eine Gutschrift sorgt.
Eben stand ich wieder einmal mit einem vollen Sack voller Einweggebinde vor der Maschine und ging der monotonen Aufgabe nach, als eine Kundin mit Leergut daherkam. Kunden gehen vor und so unterbrach ich die Arbeit und gab den Automaten frei.
Noch während ich die letzte Flaschen dort hineinsteckte, inspizierte die Kundin den neben dem Automaten stehenden Mülleimer, allerdings erfolglos. Es befanden sich keine weggeworfenen Pfandflaschen darin.
Als sie ihr eigenes Leergut im Automaten versenkt hatte, entdeckte sie ein paar Flaschen, die ich auf die Fensterbank gestellt hatte. Sie griff sie alle, bemerkte aber, dass ich sie dabei beobachtet hatte und fragte mich, was damit wäre. Nachdem ich ihr dabei half, festzustellen, dass das nicht ihre sind, stellte sie die Flaschen wieder zurück.
Eine weitere Kundin hatte zwischenzeitlich ebenfalls ihr Leergut am Automaten abgegeben und ich wollte mich gerade wieder dem Zeugs aus Findorff widmen, als mich die erste Kundin wieder ansprach: "Schenken Sir mir davon welche?" Ich verneinte und die Frau guckte mir vollkommen fasziniert zu.
"Verkaufen Sie mir welche von den Flaschen?"
[WTF?!?]
Noch ehe ich protestieren oder ihr den Unsinn einer solchen Aktion begreiflich machen konnte, hielt sie mir 1,34€ vor die Nase. "Stimmt so", sagte sie und ich ließ sie sich fünf Flaschen aus dem Sack heraussuchen.
Nachdem die Frau die fünf Behältnisse in den Automaten gesteckt hatte und ihren Pfandbon in der Hand hielt, strahlte sie und ging zur Kasse, um ihn gegen 1,25€ in Bargeld einzulösen.
Shane ist etwa geschätzte Mitte vierzig und vermutlich seit Juli Kunde von mir. Den genauen Zeitpunkt, an dem er hier auftauchte, weiß ich nicht mehr, es könnte also durchaus sein, dass er hier schon länger ein und aus geht. Zum ersten Mal angesprochen hatte er mich jedenfalls kurz nachdem wir mit der 24-Stunden-Öffnung begonnen haben.
An den Abend meiner ersten Begegnung mit Shane erinnere ich mich noch ganz gut: Er hatte verschiedene Sorten Leergut, unter anderem eine leere Bierkiste einer mir nicht bekannten Marke. "Die kann ich leider nicht annehmen", sagte ich ihm, woraufhin er mir erklärte, dass das "seine Kiste" sei, in denen er "seine eigene Biermarke" vertreiben würde. Seinen Namen wusste ich damals noch nicht, aber er duzte mich gleich und stellte sich folgendermaßen vor: Er plant, demnächst mit seinem "Partner" hier in Bremen einen Getränkegroßhandel zu eröffnen und könne mich dann mit allen möglichen Mehrweg-Getränken beliefern. Das Gespräch war nicht sonderlich lang und da ich nicht davon ausging, dass mir Shane und sein Partner bessere Preise machen könnten, als unser deutschlandweit arbeitender Großhändler, bei dem ich zudem noch die ausgehandelten Großhandels-Konditionen bekomme, beachtete ich das Gespräch gar nicht weiter.
In den folgenden Nächten kam er oft hierher und suchte den Kontakt zu meinen Nachtschicht-Mitarbeitern. Erst unterhielt er sich nur mit ihnen, in dem er irgendwelche Gespräche aufzwang, später hielt er sie regelrecht von der Arbeit ab. Unter anderem auch damit, dass er ungefragt mithalf, z.B., in dem er leere Getränkekisten zusammenstapelte und ins Lager brachte. Das klingt zwar im ersten Moment nach Hilfe, letztendlich stand er oft im Weg. Das ging sogar so weit, dass mich meine Mitarbeiter um Rat fragten und um Erlaubnis baten, Shane ungestraft vor die Tür setzten zu dürfen, wenn er weiterhin dermaßen lästig sein würde. Ich erlaubte es, denn er ist mir bis dahin schon selber mehrmals unangenehm aufgefallen und daher wusste ich, wie aufdringlich er sein konnte.
Besonders übel wurde es, als er sich gegenüber meiner Mannschaft als schwul outete und (mindestens) einen meiner Angestellten doch recht -ähm- eindeutig anmachte. Er bekam allerdings eine deutliche Abfuhr und versuchte derartiges seit dem wohl auch nicht wieder.
Nach diesem Vorfall knöpfte ich mir den selbsternannten Getränkelieferanten in spe einmal persönlich vor und nannte ihm einige Regeln, an die er sich zu halten habe, wenn er hier noch weiter als Kunde ein- und ausgehen möchte. Im Wesentlichen waren das nur die Anweisungen, Mitarbeiter nicht von der Arbeit abzuhalten und ihnen gegenüber keine ein-, zwei- oder mehrdeutigen Sprüche zu klopfen.
Seit dem sind inzwischen mehrere Monate vergangen. Daran, dass Shane einen "Getränkegroßhandel" eröffnet, glaube ich schon lange nicht mehr. Er kommt fast täglich und füttert den Leergutautomaten mit allen Merkwürdigkeiten, die er offenbar irgendwo gefunden hat. Schmuddelige Klamotten und mit Alkoholfahne ist das Erscheinungsbild, an das wir uns bei ihm inzwischen gewöhnt haben. Und mehr als einmal wurde er von meinen Mitarbeitern in benachbarten Hauseingängen sitzen und billiges Bier trinken gesehen.
Die Frage, ob er uns von Anfang an Unsinn erzählt hat, oder ob Shane aufgrund widriger Umstände im vergangenen halben Jahr so völlig abgesackt ist, wird mir vermutlich niemals jemand beantworten...
POS-Radio spielt schon seit dem ersten Advent Weihnachtslieder. Zwar auch immer mal wieder ruhigere Klassiker, aber eben auch die fetzigeren oder überwiegend auch gar keine weihnachtliche Musik.
Eben gerade, 11 Tage vor Heiligabend, der Spruch von einem Kunden, ob das mit der Weihnachtsmusik "jetzt schon sein muss". Wann denn dann? Zwischen Neujahr und Ostern?
Eine neue Kollegin sprach mich an: "Ich hatte da eine komische Kundin an der Kasse. Die muss irgendwie einen an der Klatsche haben. Hat die ganze Zeit irgendwas davon geredet, dass sie von einer anderen Kundin verfolgt werden würde und hat sich völlig merkwürdig verhalten."
Ich stellte einige Fragen über das Aussehen dieser Frau.
Sämtliche Fragen bejahte die Kollegin.
Nun war die Kundin tatsächlich erneut hier und ich habe die Gelegenheit genutzt, sie danach zu fragen, woher das Leergut stammt, dass sie hier anschleppt.
Bei eher seltenem Leergut und gerade auch bei Flaschen und Kisten, die sowohl für Bio als auch für konventionelle Produkte verwendet werden, scheint seitens der Hersteller bzw. Großhändler eine gewisse Unstimmigkeit über die Pfandwerte zu bestehen.
In diesem Fall war es so, dass die gute Frau die Kisten in einem nicht wirklich nahe gelegenen, aber mir zumindest bekannten, Bioladen einkauft. Der kleine Laden berechnet für seine Kisten nämlich den "allgemeinen" Pfandwert von 1,50€ pro Rahmen. Ich dagegen bekomme das gleiche Leergut mit 2,50€ von meinem Großhändler belastet, weshalb ich auch diesen Preis von meinen Kunden verlange, bzw. bei Rückgabe der Kiste wieder erstatte. Für die Kundin war die Rechnung einfach: Sechs Kisten auf den Fahrradanhänger, drei Kilometer zu mir fahren und -voila- um sechs Euro reicher. Der kleine Bioladen freute sich vermutlich über die bequeme Entsorgung seiner Kisten und bei uns war großes Rätselraten angesagt.
Eine Kundin reckte sich am Regal und wollte eine der ganz oben ganz hinten stehenden Bierdosen haben. Ich sah sie zufällig und ging zu ihr hin: "Kann ich Ihnen helfen?"
"Ja", sagte sie. "Ich hätte gerne so ein Dingsda."
Die Option, dass ich sie nervös gemacht haben könnte, schließe ich einfach mal aus und tippe auf zu viel vorhergehenden Konsum des Inhalts anderer Dingdas.
Da das natürlich nur eine recht schwammige Aussage ist, um eine Entscheidung für eine Weinempfehlung zu treffen, erkundigte ich mich, ob er einen bestimmten Wein suchen würde.
Er erklärte:
Einen Rotwein suche ich. Die Marke ist völlig egal, vielleicht nicht ganz so teuer, aber gerne einen süßen. Wichtig ist nur, dass er einen Schraubverschluss hat. Wissen Sie, ich bin schon etwas angetrunken und ich möchte gleich unterwegs und in der Straßenbahn noch weitertrinken und da muss die Flasche leicht zu öffnen sein.
Vor rund 20 Minuten fand hier eine merkwürdige Aktion statt: Ein paar Mittzwanziger begannen, ohne Ankündigung auf den Tiefkühltruhen zu trommeln.
Ich zückte meine Kamera und nahm die letzte halbe Minute der Aktion auf Video auf. Plötzlich hörten die Personen auf und gingen wortlos zum Ausgang.
Dachte ich und begann, das Video bei Youtube hochzuladen. Ein paar Minuten später standen zwei der Trommler an meiner Bürotür und sprachen mich an: Sie hätten gesehen, dass ich das aufgenommen hätte und wollten nur wissen, was mit dem Video passiert.
Ich deutete etwas von "Veröffentlichung bei Youtube" an und die beiden erklärten mir, dass das eigentlich nur ein Experiment für eine Forschungsarbeit sein würde und dass das eigentlich (noch) niemand mitbekommen sollte.
Ich fragte sie: Ihr beginnt, hier mitten im Laden ohne Vorankündigung auf den Tiefkühltruhen zu trommeln. In DIESEM Laden. Und wollt dann NICHT damit ins Internet? Das glaube ich nicht."
Sie mussten mir schwören, dass sie das nicht getan haben, um hier in das Blog zu kommen. Das taten sie unverzüglich, wenngleich mein Wunsch gar nicht so ernst gemeint war. Aber okay, dann bin ich so fair und werde das Video für mich behalten.