Deutlich nach unserem offiziellen Ladenschluss haben sich eben noch zwei Polizisten durch die Ausgangstür in den Laden geschummelt. An der Kasse leitete mein Mitarbeiter das Gespräch mit einem lockeren "Durch den Ausgang reinkommen war jetzt aber schon in der Grauzone." ein.
Der Polizist war schlagfertig. "Endlich mal!", grinste er breit.
Eine Kundin Frau, die gerne Kundin werden würde, rief an und erkundigte sich, ob ich große Weihnachtsgänse bekommen würde. Die Betonung lag auf groß, denn sie suchte Gänse ab sechs Kilogramm Gewicht. Ich musste gestehen, dass ich dabei nicht weiterhelfen konnte, da bei uns bei "Babyputen" und "jungen Gänsen" Schluss ist.
Wir redeten noch etwas uns sie klagte mir ihr Leid, dass sie bislang nirgends eine so große Gans bekommen konnte und dass sie das Gefühl hat, dass es von Jahr zu jahr schwieriger wird, ein Tier in der Größenordnung zu erstehen.
Es ist ja nun tatsächlich so, dass Familien immer kleiner werden. Im "großen Kreis" wird immer seltener gefeiert und unbestreitbar ist, dass eine Ente oder Babybute für eine dreiköpfige Familie durchaus ausreicht. Aus meiner Sicht als Einzelhändler würde ich diese Aussage sofort unterschreiben. Dass wir auf den großen Viechern in der Vergangenheit schon mehrfach "sitzengeblieben" sind, war der Auslöser dafür, dass wir sie schließlich gänzlich aus dem Sortiment verbannt haben.
Ein Mann betrat eben den Laden, unter einem Arm hielt er zwei große, flache Kartons.
Er ging direkt zum Leergutuautomaten und stopfte die beiden großen Schachteln, die sich als komplett geplünderte, relativ große Adventskalender entpuppten, in den Müllsack, nahm sich ein Bier und bezahlte es.
Müsste man eigentlich hinterhergehen und ihm seinen Müll wieder vor die Haustür legen.
Eine flüchtige Bekannte war im Laden. Auf zwei Krücken Unterarmgehstützen bahnte sie sich den Weg durch die Gänge. Irgendwann hatte dann, Dank ihrer mitteilsamen Art, wirklich jeder mitbekommen, dass sie einen Bänderriss hat und deshalb nicht richtig laufen könne. Die meisten Kunden machten Platz und nahmen Rücksicht auf die Frau mit den vier Beinen.
Nur die mindestens 6-8cm hohen Absätze an ihren Schuhen zogen die Dramatik, die die Frau an den Tag legte, etwas ins Lächerliche.
Eigentlich könnte ich zu diesem Foto den selben Text nehmen, wie auch schon am 19. März dieses Jahres.
Diesmal ist die klebrige Masse zwar nicht über Reisschachteln gelaufen, aber dafür hat es sich der Honig in allen Ritzen der am Fachboden des Regals angebrachten Preisschiene gemütlich gemacht. Auch eine scheiß Arbeit, das wieder sauberzubekommen...
Im ersten Moment dachte ich, die Warensicherungsanlage hätte ausgelöst. Dann sah ich, dass es kein Alarm war. Ich musste aber schon noch etwas genauer hinsehen, um zu erkennen, dass es sich um eine umschnallbare Rückleuchte handelte, die ein Kunde auf Inlinern sich um die Stirn gebunden hatte.
Diese Geschichte hat mir gerade mein Mitarbeiter Ingo berichtet. Er stand gerade mitten im Laden als ihn eine etwa gleichaltrige (beide Mitte 20) Kundin in einem nicht zur Erscheinung ihrer Person passenden, geradezu überheblichem Tonfall ansprach:
Entschuldigung, darf ich sie etwas fragen?
Ja, aber sicher...
Wo sind denn hier die Weine des Hauses?
Mein Mitarbeiter zeigte ihr den Weg, begleitete sie in die Abteilung und zeigte ihr schließlich, um das Beratungsgespräch einzuleiten, den groben Überblick über Weiß-, Rot- und Rosé-Weine.
Ich staune ja immer wieder darüber, wenn Leute sich völlig anders verhalten, als man es ihnen durch ihre Erscheinung voruteilig zugeschrieben hätte.
So auch zwei junge Männer, die vorhin hier im Laden waren. Mit ihrer etwas – öhm – verwahrlosten Erscheinung, beinahe schon wie Junkies wirkend, erregten sie unsere Aufmerksamkeit und wir sprinteten regelrecht ins Büro, um jeden ihrer Schritte zu beobachten.
Davon ließen wir aber schon bald ab, denn umso erstaunter waren wir, als die beiden sich einen Einkaufswagen schnappten und völlig normal einkauften. Dabei in Hausfrauenmanier die Qualität der Eier überprüften. Hier verglichen, da abschätzten und schließlich ganz normal bezahlten.
So kann's gehen, wenn man durch die täglichen Erfahrungen hier auf der Fläche vorgeschädigt ist.
Ein junger Mann, etwa Anfang zwanzig, sprach mich etwas unsicher wirkend an der Lagertür an. Er fragte, ob ich ihm einige Dinge von seinem Einkaufzettel zeigen könne. Klar konnte ich und folgte ihm durch den Laden.
Auf dem Weg zum ersten Artikel gestand er, dass er "in der Schule nicht aufgepasst hätte" und nicht, bzw. schlecht lesen könne und deshalb etwas Hilfe benötigen würde.
Den Einkauf hatten wir innerhalb weniger Minuten problemlos und komplett zusammen.
Aber schwer beeindruckend fand ich, wie der Kunde mit seinem Defizit umging und einfach (?) zugegeben hat, dass er nicht lesen kann. Ich denke, die meisten Erwachsenen mit mangelhaften oder nicht vorhandenen Lese-, bzw. Rechtschreibkenntnissen, würden das nicht gegenüber einem Fremden einfach so zugeben.
Hier bei uns bekommt man seit einiger Zeit schon "gelbe Säcke" nur noch gegen Wertcoupons ausgehändigt, die man vorher via E-Mail oder telefonisch anfordern muss.
Diese Coupons kann man bei den Verteilerstellen, unter anderem bei mir, gegen die entsprechende Anzahl an Rollen mit Wertstoffsäcken eintauschen. Immer wieder fragen Kunden, ob wir nicht ausnahmsweise auch mal ohne Coupon Säcke herausgeben könnten. Könnten sicherlich, allerdings werden die Coupons bei uns in einem versiegelten Umschlag abgeholt. Ob das nur Show ist oder ob die Coupons tatsächlich gezählt werden, kann ich nicht sagen, aber auf jeden Fall möchte ich nicht riskieren, den Status Verteilerstelle zu verlieren und daher gibt es auch ausnahmsweise keine gelben Säcke ohne Coupon.
Niedlich fand ich jetzt die Frage einer Kundin, nachdem wir ihr ihre beiden Rollen ausgehändigt haben, ob sie die Coupons denn nicht wiederbekommen würde.
"Ist einer der Chefs da?", wollte ein älterer Mann wissen.
Chefsachen sind immer wichtig. So kümmerte sich nicht nur mein Vertreter um den Kunden, sondern auch ich sprang auf und beobachtete die Szene, bereit, jeden Moment einzuspringen, zunächst aus etwas Entfernung.
Gelbe Säcke wollte der Kunde haben. Wie unspektakulär.
Ja, guten Tag. Hier ist Frau Meiermüllerschulz und ich woll ...
Es folgte ein längeres, knackendes Geräusch.
Entschuldigung, mein Telefon spinnt irgendwie. Hier ist Frau Meiermüllerschulz und ich wollte bei Ihnen gerne etwas bestellen. Kann ich Ihnen da eine... Hallo? Sind sie noch da?
Während ich noch Luft zum antworten holte:
Da isser weg. [KLICK!]
Sie rief dann aber gleich nochmal an und entschuldigte dafür, dass ihr vermaledeites Telefon mich aus der Leitung geworfen hat. Ich konnte sie beruhigen und erklärte ihr, dass sie lediglich etwas zu vorschnell aufgelegt hatte. Naja, und das mit der Bestellung hat dann zum Glück auch problemlos geklappt.