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Finish und Milka

Ein Mann füllte sich bei uns großzügig den Rucksack mit Milka-Pralinen und etlichen Tüten Maschinenspülmittel von Finish. Vor allem letztere trieben den Wert seiner Beute erheblich in die Höhe, immerhin kostet so eine Packung knapp zehn Euro. Innerhalb weniger Minuten füllte er auf diese Weise Ware im Verkaufswert von über 100 Euro in seinen Rucksack.

Die Spülmittel-Packungen sind zwar mit Warensicherungen beklebt gewesen, aber die hatte er entdeckt und von sämtlichen Paketen entfernt. Daraufhin trug er das ganze Geraffel vor den Leergutautomaten und steckte dort in aller Ruhe die Sachen in seinen Rucksack. Er ging wohl davon aus, dass die "Einpackbewegungen" vor dem Automaten, wo ständig Leute irgendwelche Taschen in den Händen halten, nicht so auffällig sein würden. Er hatte Recht damit und so fiel niemandem auf, dass er sich den Rucksack füllte. Zu seinem Glück kam noch hinzu, dass er genau den Schichtwechsel erwischt hatte und zwei Kollegen im Büro damit beschäftigt waren, eine Kasse einzuzählen und dabei in dem Moment keinen Blick für die Vorkommnisse im Markt mehr hatten.

Da ihn niemand bemerkt hatte und die Ware aufgrund der entfernten Sicherungsetiketten auch nicht den Alarm auslöste, konnte der Täter zunächst unerkannt entkommen.

Am nächsten Tag sprach mich eine Kollegin ganz besorgt an und hielt mir dabei ein paar der abgerissenen Sicherungsetiketten vor die Nase: "Hier, die habe ich im Waschmittelregal gefunden und der ganze Bestand an Finish ist leer, dabei hatte ich die doch erst bestellt und SO gut laufen die nun auch wieder nicht …"

Der Blick in die Videoaufzeichnung brachte die deprimierende Gewissheit und die oben geschildeten Begebenheiten ans Tageslicht. Die Bilder von dem Täter reichten wir im Kollegenkreis herum mit der Bitte, die Augen offenzuhalten. Der würde bestimmt wiederkommen, denn er weiß ja nicht, dass wir wissen, dass er uns beklaut hat.

Ein Kollege machte große Augen, als er die Bilder sah: "Den kennen wir doch, dass ist doch der, der hier Anfang des Jahres den Käse geklaut hat und den wir dabei erwischt hatten. Der hatte noch im Lager herumgeheult, dass sein Hund krank sei und er dringend Medikamente bräuchte und es ihm doch soooo schlecht ginge und wir doch Mitleid haben sollten, er würde auch ganz bestimmt nie, nie, nie wiederkommen. Ein paar Tage später war er dann doch gleich wieder bei uns uns hat geklaut! Den erkenne ich definitiv wieder und das da ist der!"

Okay, die Ware haben wir zwar nicht zurückerhalten, aber immerhin hat der Mann nun zwei weitere Anzeigen auf dem Stapel. Eine für den Diebstahl und eine für den damit begangenen Hausfriedensbruch. Zufälligerweise kam nur zwei Tage später Post von der Staatsanwaltschaft Bremen, die sich auf die beiden oben zitierten Diebstähle bezieht. Der Inhalt war ein uns allen bekannter Textbaustein:

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen den Beschuldigten ist wegen anderer Straftaten bereits ein Verfahren anhängig.
Neben der in jener Sache zu erwartenden Strafe fällt die Strafe, zu der die Verfolgung der von Ihnen angezeigten Taten führen kann, nicht beträchtlich ins Gewicht, zumal im Falle einer weiteren Verurteilung eine nicht oder nur unwesentlich höhere Gesamtstrafe zu bilden wäre.[…]
Da wächst ja die Hoffnung wieder ein wenig, dass so einer mal nicht mit "Dududu!" davonkommt, sondern tatsächlich mal eine Weile gesiebte Luft atmen darf. Gönnen würde ich es ihm.


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Jodelschnepfe on :

Hausfriedensbruch = nicht beträchtlich? Ich würde ja zu gerne das Experiment wagen und diese Straftat bei der für diese Formulierung verantwortlichen Person in deren eigenen vier Wänden verüben. Dabei könnte ich dann gleich den Kühlschrank mit ausräumen. Ich wäre wirklich gespannt, wie viele Tagessätze ich dann „spendiert” bekommen würde!

Jodelschnepfe on :

Hausfriedensbruch = nicht beträchtlich? Ich würde ja zu gerne das Experiment wagen und diese Straftat bei der für diese Formulierung verantwortlichen Person in deren eigenen vier Wänden verüben. Dabei könnte ich dann gleich den Kühlschrank mit ausräumen. Ich wäre wirklich gespannt, wie viele Tagessätze ich dann „spendiert” bekommen würde!

bartdude on :

Hausfriedensbruch ist ein "Vergehen" (=maximale Strafandrohung < 1 Jahr) und damit strafrechtlich sehr weit unten angesiedelt.

Die Aktion in der staatsanwaltlichen Wohnung wäre allerdings kein Hausfriedensbruch, sondern ein Wohnungseinbruchdiebstahl nach §244 (4) StGB - ein Verbrechen mit einer Strafandrohung von 1-10 Jahren. Als Ersttäter wäre aber ggf. eine Freihheitsstrafe auf Bewährung drin.

Neo on :

Manchmal wünsche ich mir Strafen wie in historischen oder jetzigen arabischen Ländern für Ladendiebe:

50 Peitschenhiebe
oder:
Hand abgehackt ... sorry, bin ja kein Unmensch: fachgerecht von einem Arzt amputiert.

;-)

Bremerin on :

Erster Gedanke: mit diesem polemischen und zudem verschärfend selbst als witzig ( ;-) = höhöhö) empfundenen Kommentar stellst du dir selber ein Armutszeugnis aus.
Zweiter Gedanke: Aber selbst Klautipps bei SB-Kassen geben und gute Vorplanung loben, jedoch Björns Ladendiebe für zu dumm für gute Planung halten (O-Tom"Wobei es sich bei Björns Ladendiebe womöglich vorwiegend um Menschen handelt, die für so was zu dumm / zu bekifft / zu high sind...?")
https://www.shopblogger.de/blog/archives/28113-Kaffee.-Jacke.-Zack..html#c381783)

Das Richtige on :

Unangemessene Bestrafungen werden immer nur so lange gefordert, wie sich der Fordernde selbst im ausreichend großen Abstand zum Erhalt selbiger sieht.

Schlaumeier on :

Bekommst Du in so Fällen wenigstens den Schaden ersetzt? Bzw. könntest den Schaden ersetzt bekommen, wenn beim Übeltäter was zu holen wäre?

bli on :

Das heißt der Typ kann jetzt hemmungslos klauen, solange es im Rahmen bleibt? Warum kommt der nicht in U-Haft, um weitere Straftaten zu verhindern?

bartdude on :

Weil es keinen Rechtsgrund dazu gibt. Weder Hausfriedensbruch, noch (Laden-)Diebstahl sind in §112a StPO als Haftgründe zur Wiederholungsverhinderung aufgeführt. Einwände bitte an Deine zuständige Legislative.

Klodeckel on :

Aus meiner Zeit im Einzelhandel kenne ich das so, dass die Polizei in solchen Fällen (Tatverdächtiger eindeutig identifiziert, Wohnsitz bekannt aber mit Diebesgut entkommen) eine Hausdurchsuchung macht und die gestohlenen Waren dem Ladenbesitzer zurück bringt, sofern bei der Durchsuchung gefunden. Solltest du die Beamten mal drauf ansprechen, wenn sie nächstes mal bei dir im Einsatz sind.

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