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Die 23er-Jahrensendblogeinträge 7/10

Mein Besuch beim BNI brachte mir zwar außer einem kurzweiligen Vormittag keine großen Vorteile, aber einen kleinen Kontakt stellten wir dort dennoch her. Das kleine Startup von Julina Nishimine produziert ein Getränk mit dem Namen "Allied – Origin: Mango Lime", dass sie selber nirgends richtig in einem Supermarkt zu verorten wusste. Es ist keine Limo und kein Energy-Drink, es enthält keinen Alkohol, ist aber auch kein Fruchtsaft. Spezielle Sportlernahrung ist es ebenfalls nicht, also wäre es bei Proteinprodukten und ähnlichem ebenfalls nicht richtig untergebracht.

Wir grübelten eine Weile und kamen gemeinsam zu dem Schluss, dass im Kühlregal bei den Saft-Shots wahrscheinlich der für den Anfang beste Platz sei. "Bring mal einen Karton rein", sagte ich optimistisch. Ich wollte es zumindest mal versuchen. Nun, seit Ende November haben wir sage und schreibe eine Dose verkauft. Bis zum Erreichen des MHD dauert es zwar noch eine Weile, aber mein Optimismus ist mittlerweile etwas geschrumpft.

Ich werde dabei nicht einmal mein eigener bester Kunde, denn nachdem ich die Musterdose todesmutig ausgetrunken hatte, war mir klar, dass ich niemals eine weitere davon für mich selber öffnen werde. Aber ihr wisst ja, der Angler muss dem Wurm schmecken oder so ähnlich.


Oft mehr Ideologie als Genuss

Eher zufällig kam ich mit einer jungen Frau ins Gespräch, die (kristall)zuckerfreie Schokolade produzieren möchte. Während wir uns unterhielten kamen wir von einem zum anderen und so ergab es sich, dass ich ihr irgendwann meine Meinung dazu mitteilte:

Gerade wir (nicht speziell Harste, sondern allgemein der SEH) bekommen sehr, sehr viele Anfragen von Startups und kleinen Herstellern von Lebensmitteln. Die drei nach meinem Gefühl stärksten Bereiche sind dabei Softdrinks (meistens irgendwelche Energy-Drinks oder Mate-Variationen), alles Mögliche und Unmögliche mit "Protein" im Vornamen (Riegel, Shakes etc.) und letztendlich vegane, ökologische oder anderweitig "korrekte" Lebensmittel. Zu denen zähle ich auch zum Beispiel die "nu+cao"-Riegel, die immerhin mit folgenden Eigenschaften beworben werden: Vegan, bio, zuckerarm (Kokosblütennektar statt Industriezucker), plastikfreie heimkompostierbare Verpackung, pro verkauftem Riegel wird ein Baum gepflanzt. Uff …

Dann hatte ich in den letzten Monaten Kontakt mit einer kleinen Firma hier aus dem Umland, die Speiseeis herstellt: Nach Möglichkeit regionale Zutaten, die importierten aus fairem Handel, natürlich alles Bio und je nach saisonaler Verfügbarkeit – das alles im plastikfreien Becher. Schmeckt wie selbstgemacht. Hat uns aber nicht geschmeckt, hinzu kam eine Eigenschaft von selbstgemachtem Eis, die uns überhaupt nicht gefiel: Nach fest kommt flüssig ohne die "cremige" Zwischenstufe.

Um wieder zur jungen Dame mit der zuckerlosen Schoki zurückzukommen: Ich sagte ihr, dass sie versuchen sollen, einen Geschmack für die Masse zu schaffen, wenn sie Erfolg haben wollen. Was nützt ein ökologisch wie ökonomisch korrektes Produkt, wenn man es nur einmal kauft, weil es einem nicht (so richtig) gut geschmeckt hat. Es gibt sicherlich einige Leute, denen Ideologie wichtiger ist, aber damit erreicht man die Masse nicht.

Dass man aber auch mit Bio und Vegan die Masse erreichen kann, sehen wir doch in den letzten Jahren. Beispiel vegane / vegetarische Fleischalternativen: Früher dröge und nur mit ganz viel Liebe verzehrbar, heute kaum vom Original zu unterscheiden oder so adäquater Ersatz, dass es einem egal ist, dass es kein Fleisch ist. Rügenwalder zeigt seit ein paar Jahren sehr deutlich, wie sowas aussehen und schmecken kann. Oder Wheaty, wenn einem Fachhandelsprodukte und Bio-Qualität wichtig sind. Das Döner von denen kann ich uneingeschränkt empfehlen. Schön knusprig anbraten, Zaziki (oder korrekterweise) eine Jogurt-Sauce dazu, lecker!

Liebe Start-Ups: Macht sowas richtig und versucht nicht nur, mit möglichst viel Marketing-Blabla ein Produkt ausschließlich auf der Basis von Mehrwert und Umweltschutz in die Märkte zu bringen oder im schlimmsten Fall euch als die Retter der Welt darzustellen. So wird das nix.

Noch schlimmer sind nur diejenigen, bei denen man das Gefühl hat, dass da zuerst jemand die Idee für einen lustigen Namen hatte und dann wird da ein Produkt drumherum konstruiert. Und, ja, diesen Gedanken hatte ich schon häufiger.