Da zieht man mit einem Bewerber das komplette Programm durch, angefangen beim Vorstellungsgespräch inklusive unserer "Schnupperkasse", einer Proberunde und Ersteinweisung an der Kasse, über das über über mehrere Tage verteilte, mehrstündige Kassentraining bis hin zum abschließenden Stresstest, der bei erfolgreichem Bestehen zum alleinigen Kassieren bei uns befähigt – und dann fällt diesem jungen Mann doch plötzlich ein, dass seine Arbeitserlaubnis diesen Minijob leider nicht zulassen würde. Er entschuldigte sich dafür und bedankte sich für die Mühe und die nette Zeit zusammen. Immerhin.
Nicht nur die vielen Stunden, die wir investiert haben, auch ich war schon nicht untätig und hatte allen Papierkram in die Wege geleitet, angefangen von einer eigenen Personalmappe und Stempelkarte bis hin zur Anmeldung beim Lohnbüro.
Es sind also nicht immer nur die Arbeitgeber, die sich irgendwie komisch verhalten.
Zitat von
bewerbung.com:
Verpflichtend ist ein Bewerbungsfoto nicht und heutzutage treffen Personaler immer häufiger auf Lebensläufe ohne Bild. Sie haben somit keine andere Wahl, als Deine Bewerbung rein nach den Informationen zu bewerten, die sie liefert, zum Beispiel zu Deinem bisherigen Werdegang.
Doch, sie haben eine andere Wahl: Die Bewerbung nämlich, sofern es das Auswahlverfahren zulässt, einfach ohne einen weiteren Blick auf die Qualifikationen auf den "Abgelehnt"-Stapel legen.
Ein junger Mann, der auch immer wieder mal bei uns einkauft, sprach mich an. Er würde jetzt nach der Schule etwas in der Luft hängen und hat gerade keine konkreten Zukunftspläne, da er sich selbst finden müsse. Ob wir nicht noch Aushilfen suchen würden, wollte er wissen.
Er fragte mich an einem Mittwoch Nachmittag und da wir tatsächlich noch Leute suchten, die hier zweimal pro Woche, dienstags und freitags, die Ware verräumen, lud ich ihn sofort ein, am Freitag für einen Probetag herzukommen. Er stimmte zu und war auch am Freitag pünktlich da und er war auch wirklich fleißig.
"Probetag" heißt bei mir, ich erkläre zunächst, wie das alles funktioniert und worauf man zu achten hat und dann arbeitet der Bewerber oder die Bewerberin einmal hier einige Stunden mit. Setzen wir den Job fort, schreiben wir die geleisteten Stunden selbstverständlich schon mit auf, brechen wir nach dem Tag ab, sind die Stunden jedoch unbezahlt verloren.
Ihm hatte die Arbeit hier im Laden und mit den Kollegen gefallen, sagte der Bewerber am Ende des Tages. Super. Ich druckte die vielen benötigten Unterlagen aus, z.B. den Bewerbungsbogen für die persönlichen Daten, und wir verabschiedeten uns: "Bis Dienstag dann und schreib die vier Stunden von heute mit auf einen Zettel, dann trage ich die mit ein."
Am Dienstag rief er ein gutes Stück nach geplantem Schichtbeginn an und teilte meinem Mitarbeiter mit, dass er sich verspäten würde. Da wir nicht so viel Ware bekommen hatten und es sich nicht mehr gelohnt hätte, herzukommen, sollte er an dem Tag kurzerhand zu Hause bleiben. Mein Kollege sagte ihm doch, dass er am Freitag aber wieder zur selben Zeit hier auf der Matte stehen soll.
Am Freitag kam er nicht. "Vielleicht", redete ich mir wohlwollend ein, "hatte er es so verstanden, dass er nur dienstags arbeiten soll."
"Der kommt nicht mehr, den kannste knicken!", ließen die Kollegen unisono verlauten. Ich hatte jedenfalls beschlossen, noch bis Dienstag zu warten. Wenn er dann kommt und erklären kann, was los war, würde ich ihm die Chance auf den Job hier dennoch gewähren.
Dass er nicht mehr auftauchte, brauche ich nicht extra zu erwähnen, oder?
Als sich einer meiner wichtigsten Mitarbeiter vor inzwischen weit über 16 Jahren (!) bei mir beworben hatte, bekam er den damals bei uns üblichen Bewerbungsbogen ausgehändigt. In dem Vordruck konnten die persönlichen Daten eingetragen und noch einige andere Angaben gemacht werden.
Dieses mehrseitige Formular war nicht auf unserem Mist gewachsen, sondern, wenn ich mich jetzt noch richtig erinnere, mir damals von unserem Steuerbüro gegeben worden. Ich hätte keine dieser Fragen dort aufgenommen, das sind und waren schon immer alles Dinge, die im persönlichen Gespräch direkt geklärt werden.
Als wir vor ein paar Tagen gemeinsam in der Akte des Kollegen etwas gesucht hatten, fiel mir dieser Eintrag auf. "Das
muss ins Blog!" - "Klar …"
Und so geschah es:
In einer Stellenanzeige suchte ich Aushilfen zum Ware Verräumen und hatte die Arbeitszeiten direkt mit angegeben: "Regelmäßig dienstags und freitags ab 8 Uhr"
Anruf eines Bewerbers, der mich daraufhin via E-Mail kontaktierte und ich den ich in der Folge zu einem Termin am Freitag um 11 Uhr eingeladen hatte: Er kann nicht um 11 Uhr kommen sondern frühestens ab 13 Uhr, da er im Schichtdienst arbeite. Und deswegen könne er auch nur jeden zweiten Freitag.
Er brauchte dann erst gar nicht mehr zu erscheinen.
… und dann war da noch die Bewerberin aus der Ukraine, die mir ihren Lebenslauf in der Originalversion zugeschickt hat, nämlich vollständig in kyrillischen Schriftzeichen.
Klar kann und konnte ich mir da mit dem Google Translator selber helfen. Aber wäre das nicht eher eine Aufgabe für die Bewerberin selber gewesen? Hmm …
Ein Bewerber schrieb in seinem Lebenslauf unter der Rubrik Sprachkenntnisse:
"Deutsch – Verhandlungssicher"
Ob es für "Verhandlungssicher" eine feste Definition gibt, weiß ich nicht. Aber es ist wohl schon nah dran an der Muttersprache, um auch Feinheiten im Gespräch erkennen und verstehen zu können.
Was mir der Herr mit diesem Abschlusssatz unter seinem Lebenslauf mitteilen wollte, erschließt sich mir nicht so ganz: "
Um Erfolge zu einbringen wichtig ist dass man gemeinsam wirkt als Gegensätze."
Ist wohl so ein Insiderding.
Eine junge Frau hatte sich bei uns beworben und da brauchbar scheinende Bewerber selten sind, habe ich sie direkt zu einem Vorstellungsgespräch für heute um 9 Uhr eingeladen.
Bis 9:05 Uhr haben Ines und ich noch gewartet. Diese fünf Minuten, die auch nicht jeder gewährt, verstrichen, ohne dass die Bewerberin erschien. Hat sich damit dann auch erledigt.
Bleibt wie so oft die Frage, warum sich jemand die Mühe macht, eine Bewerbung zu schreiben und die Einladung zu bestätigen und dann nichts mehr von sich sehen und hören zu lassen …
Meine Stellenanzeige: "
… Aushilfen zum Ware Verräumen, dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der Getränkeabteilung. Regelmäßige Arbeitszeiten: Dienstags und Freitags, ca. 7-15 Uhr"
Der Bewerber: Gymnasiast an einer Regelschule hier in Bremen, macht sein Abi voraussichtlich in zwei Jahren. Aber hat vermutlich nicht den Leistungskurs Deutsch.
Ich bin vor ein paar Tagen über diesen Artikel gestolpert:
Zeitverschwendung: Warum das Vorstellungsgespräch abgeschafft gehört
Fand ich interessant. In den knapp 23 Jahren hier mit eigener Firma und etwa 25 Mitarbeitern permanent auf den Lohnlisten habe ich nämlich noch nie mit einem Bewerber ein Vorstellungsgespräch im klassischen Sinne geführt. Normalerweise machen natürlich auch wir einen Termin, der dann aber von mir ungezwungen als "für eine kurze Vorstellung" bezeichnet wird.
So ist es dann meistens bei uns in der Praxis: Wir setzen uns nicht irgendwo in ein Büro und der Bewerber kauert bei verkrampfter Atmosphäre zum Verhör vor dem Schreibtisch, wie man es klischeehaft von solchen Gesprächen kennt, sondern wir plaudern meistens ganz ungezwungen mitten im Laden.
Dazu gibt es auch keinen konkreten Leitfaden bei mir mit Punkten, die systematisch abgearbeitet werden müssen. Meistens fange ich dann an zu erzählen. Wofür genau wir jemanden suchen, wie die Randbedingungen sind und wie die Arbeit bei uns im Allgemeinen so ist. Dadurch, dass wir mitten auf der Verkaufsfläche zwischen Kunden und Kollegen stehen, ergeben sich manche Gesprächsthemen von ganz alleine und so kommt man von einem zum anderen. Manchmal gesellen sich auch noch andere Kollegen mit dazu. Wenn der Bewerber oder die Bewerberin dann etwas aufgetaut ist, kommt der Dialog normalerweise ganz gut in Schwung.
Klar kann man mit dieser Vorgehensweise auch mal jemanden erwischen, der nicht gut ins Team passt, aber man kann bekanntlich allen Menschen immer nur bis vor die Stirn gucken. Meistens klappt es ganz gut und die Tatsache dass wir hier inzwischen Kolleginnen und Kollegen im Team haben, die über 10, über 15 und sogar schon über 20 Jahre (!) bei mir arbeiten kann eigentlich kein so schlechter Indikator für meine Fähigkeiten bei der Auswahl derjenigen sein, die hier ins Team kommen.
Unter der Prämisse würde ich also den oben verlinkten Artikel so unterschreiben und vielleicht noch um eine vierte Alternative ergänzen: Ungezwungene Unterhaltung.
Mein schnurloses Telefon hier in der Firma klingelte. Auf dem Display wurde eine mir unbekannte Mobilfunknummer angezeigt. Ich ging ran und meldete mich wie gewohnt.
Am anderen Ende der Leitung war ein junger Mann, der sich kurz vorstelle und daraufhin erklärte, dass er bereits in einem anderen EDEKA-Markt gearbeitet hätte und nun nach Bremen zieht und einen Job suchen würde.
Wahrheitsgemäß antwortete ich ihm, dass wir aktuell keine neuen Mitarbeiter benötigen.
Exakt fünf Minuten später klingelte das Telefon erneut. Die selbe Nummer. Diesmal ging Ines ran und flötete dem Anrufer ein "EDEKA-Markt Harste, Guten Tag" entgegen.
Am anderen Ende der Leitung war ein junger Mann, der sich kurz vorstelle und daraufhin erklärte, dass er bereits in einem anderen EDEKA-Markt gearbeitet hätte und nun nach Bremen zieht und einen Job suchen würde.
Entweder hatte er an der Kompetenz seines ersten Gesprächspartners, also mir, gezweifelt und wollte eine zweite Meinung hören oder hat so wenig Ordnung in seinen Sachen, dass er nicht einmal bemerkt hat, dass er zweimal die selbe Nummer gewählt und nach einem Job gefragt hat.
In beiden Fällen hat er sich für eine mögliche Stelle disqualifiziert. Wer schon in unserer ersten Begegnung meine Kompetenz anzweifelt, den muss ich hier nicht haben. Und wer nicht einmal in der Lage ist, sich fünf Minuten lang zu merken, wo er schon angerufen hat, dürfte hier seine Schwierigkeiten bekommen. Wie lautet die Artikelnummer für Bananen? Wo steht der Rotwein? Wieviel Pfand hat eine Bierflasche? Mööp.
Ein Bewerber, 1999 geboren, hat laut seines Lebenslaufs von 1993-1998 ein Studium an einer internationalen Hochschule absolviert. Dazu habe ich Fragen, die ich ihm persönlich stellen werde.
Mit etwas Humor betrachtet ist das jedoch ein durchaus interessanter Ansatz. Immerhin könnte so ein pränatales Studium der richtige Weg sein, wie maximal 25 Jahre alte Bewerber auf mindestens 20 Jahre Berufserfahrung kommen können.
Mit einem meiner Mitarbeiter hatte ich mich beiläufig über einen Bewerber unterhalten. Er resümierte etwas leichtfertig: "
Versuch's doch. Entweder arbeitet er gut oder wie alle anderen."
Ein anderer anwesende Kollege, der das mitbekam, verschluckte sich in einer Mischung aus Schreck und Lachen fast am Mittagessen.
Ein junger Mann hatte sich als Aushilfe zum verräumen der Ware beworben. Der Job ist eigentlich nicht schwer, liegt aber dennoch nicht jedem. Gewöhnliche Vorgehensweise ist daher, dass die Bewerber von mir eine ausführliche Einweisung bekommen und sie danach einem der anwesenden Mitarbeiter an die Hand gegeben werden. Nach ein paar Stunden fällt dann auf einer oder beiden Seiten die Entscheidung, ob wir über diesen einen Tag hinaus zusammenkommen oder eben auch nicht. (Für die Neugierigen: Wenn ja, kommen die Stunden als bezahlte Stunden schon mit auf die Uhr, falls nein, war es eben tatsächlich nur ein unbezahlter Probetag.)
Der Bewerber entschied sich gegen den Job hier und ich glaube, das war auch völlig okay. Diese "Ragout Fin"-Dosen hatte er jedenfalls gepackt. Sie gehören natürlich auf den Fachboden an die Stelle, an der das Schild steckt und nicht eine Etage tiefer auf einen beliebigen freien Platz. Aber immerhin standen sie nicht auch noch überkopf.
Ein Anrufer erkundigte sich nach einem Job. Akut konnte ich ihm nicht weiterhelfen, aber wir plauderten ein paar Minuten. Irgendwann erklärte er mir:
"Einzelhandel ist eigentlich nichts für mich, aber bei euch könnt ich mir das schon vorstellen. Die ganze Atmosphäre und so ist voll cool bei euch im Laden."
Hach, schön.