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Schmiddi

Gregor kam zu mir ins Büro: "Da steht ein komischer Typ, der dich sprechen möchte. Behauptet, hier schon einmal gearbeitet zu haben und sucht einen Job. Sein Name ist Schmitt."

"Der Name sagt mir nichts, sagte ich kopfschüttelnd und ging zur Lagertür.

Ein etwas "VP" (verdächtige Person) wirkender Mann stand dort und plapperte direkt los, dass er hier schon einmal gearbeitet hätte. Einen ganzen Tag musste er umsonst arbeiten und hatte den ganzen Laden aufgeräumt und Pappen rausgeräumt und alles richtig schön gemacht und letztendlich hätten wir ihm dafür zwar etwas zu Essen gegeben, ihn aber auch nicht eingestellt.

An dieser Stelle hole ich mal eben etwas aus und greife auf ein offenbar unverbloggtes Erlebnis aus den letzten Jahren zurück. Während ich mich überhaupt nicht an sein Gesicht erinnern konnte, klingelte es nämlich bei Ines wieder: "Jaaaa, Schmiddi war das. Der hatte doch damals allen angeboten, dass wir ihn Schmiddi nennen können. Alle seine Freude würden ihn so nennen." Ach, ja. Es klingelte doch wieder. Er hatte einen Probetag für einen Minijob zum Verräumen der Ware hinter sich gebracht. Mit dem Ergebnis, dass alle Mitarbeiter, sogar einer mit einer geradezu stoischen Ruhe bei schwierigeren Leuten, hinter ihm die Augen verdreht hatten und einstimmig gegen seine Einstellung stimmten. Wie lange mag das her sein? Drei Jahre vielleicht. Wir können es beide beim besten Willen nicht mehr sagen.

Schmiddi stand nun also vor mir und wollte einen Job haben. "Der Chef hier, Uwe, sagte, dass es hier bestimmt gerade einen Job für mich gibt." Es brauchte ein paar Sätze, ihn davon zu überzeugen, dass Uwe zwar "Chef" ist, wenn ich nicht da bin und in gewissen Grenzen, aber ausdrücklich jede personelle Entscheidung durch mich getroffen wird und auch ein Uwe ihm ganz sicher keine solche Zusage gemacht haben wird. Während wir uns unterhielten, wirkte ich wohl ziemlich abweisend. Vor allem überlegte ich die ganze Zeit, ob ich mich nicht doch irgendwie an ihn erinnern könne. Und ob ich das möglicherweise vergessen habe oder ob der Mann vor mir einfach nur irgendein Wirrkopf ist, der mir eine nicht minder wirre Geschichte erzählen möchte.
"Bei mir gearbeitet" stimmte also schon irgendwie. Nur kam es nicht dazu, dass ich irgendwo seinen Namen verarbeiten musste. Lohnbuchhaltung, Stempelkarte, Arbeitsvertrag, was auch immer gab es nicht und so passt die Aussage nur in Maßen.

Plötzliche platzte es es aus ihm heraus: "Du brauchst hier gar nicht so arrogant zu tun. Und dann noch mit den Händen in den Hosentaschen. Nur weil du hier der Chef bist, kannst dir ja sonstwas drauf einbilden. Uwe, der ist ein netter. Du nicht, ich will gar nicht bei dir arbeiten. Das muss ich mir hier nicht bieten lassen."

Während ich mich, immer noch mit den Händen in den Taschen, im Geiste langsam am Kopf kratzte, gröhlte ein anderer Kollege, der die Unterhaltung mitbekommen hatte, lautstark aus dem Bereich hinter dem Leergutautomaten: "Dann hau doch ab hier! Tschüss! Schönes Restleben noch!"

Schmiddi trollte sich. Mitten im Laden drehte er sich noch einmal um und rief: "Herr Harste?!" Ich drehte mich um. "Haben Sie Haferflocken?" Ich nahm die Frage ernst und ging auf ihn zu: "Ja, natürlich." "Wie viel?" Was meinte er damit? Während ich noch überlegte, ob er wissen wollte, wie viele Packungen oder verschiedene Sorten, oder wie viel die überhaupt kosten sollen, blökte er laut quer durch den Laden. Vermutlich war seine Intention, dass alle anderen Kunden das mitbekommen und ich blöde dastehe. "Das dauert mir hier zu lange. Da stellt man nur eine freundliche Frage und dann bekommt man darauf nicht mal eine Antwort, so wird man hier als Kunde behandelt."

Dann tat er das, worauf wir alle gehofft hatten: Er ging.

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Kommentare

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Asd am :

Vorteil: Wenn er in einem halben Jahr wieder auf der Matte steht und nach einem Job verlangt, erinnerst du dich jetzt garantiert an ihn und kannst ihn direkt rauswerfen, ohne Zeit mit einem sinnlosen Gespräch verschwenden zu müssen. :-)

naja am :

Und wie viel nu?
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Das dauert mir hier zu lange. Da stellt man nur eine freundliche Frage und dann bekommt man darauf nicht mal eine Antwort, so wird man hier als Leser behandelt!!elf

Konsument am :

ihr liebt halt lebensmittel. menschen nicht so sehr.

Brandon am :

Yo Smithy, der Penn(er/y)-Markt sucht noch Verräumungs-Fachkräfte!

Fabse am :

Bei Mitarbeitereinstellungen auch auf die anderen Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen, ist eine Qualität, die ich selbst bei meinem Arbeitgeber nicht erlebt habe. Wollte ich mal lobend erwähnen :-*

Das_Bernd am :

Das gibt's öfters.
Ich habe mal in einem Betrieb gearbeitet, da wurde bei Übernahme von Leiharbeitern, Zeit- und Werksverträglern und ähnlichem immer zuerst die Putzfrau, dann die Vorgesetzten und zum Schluß die direkten Kollegen gefragt.

Originalton Seniorchef: Die Putzfrau sieht an Schreibtisch und Papierkorb, wer ordentlich arbeitet. Und wer sie als Arbeitskraft zweiter Klasse sieht, hat hier nichts verloren.

Konsument am :

Selber Schuld, wenn man sich an Oberflächlichkeiten festmacht. Nun hat er einen Mitarbeiter, der einen ordentlichen Papierkorb hat, aber keine "ordentliche" Arbeitet leistet. Einige gehen im gepflegten Chaos allerdings erst richtig auf und können ihrer Kreativität und ihrem Eifer freien Lauf lassen.

Bei $Betrieb mit pickobello Büroräumen wurde ich lange Zeit total falsch beraten. Jemand anders, bei dem die Akten kreuz und quer verteilt lagen, wurde ich sofort und exquisite bedient.

Mein Schreibtisch ist Chaos pur, dafür bekomme ich im Gegensatz zu anderen aber auch was gebacken. (Nein, keine Aufbackbrötchen.)

Heinrich am :

Soll dann im heutigen papierärmeren Büro der Desktop auf korrekte Iconanordnung hin überwacht werden oder gar das Homeoffice vom AG durchgewischt werden?

Das_Bernd am :

Bevor wir uns falsch verstehen,
es ging drum, daß der Müll sich im Papierkorb befand, und nicht auf/neben dem Schreibtisch und Papierkorb befand.
Kreatives Chaos gefiel ihm zwar nicht, aber er hat's toleriert.
Und für das Fachliche war sowieso das Gespräch mit den Vorgesetzten.
Wenn die sagten "der kann was", die Kollegen sagten "der passt hier rein" und die Putzfrau sagte "hinter dem muss ich nicht hinterherputzen", dann hatte man den Job.

Alauner am :

(Kommentar entfernt)

Klaus am :

Weil Bewerber um ihre Chance als prekär Beschäftigte zu betteln haben! Soll Schidtchen froh sein, dass Herr Harste gerade nicht mit Maibockkomsum und Nasebohren beschäftigt war.

Im Ernst: Wenn ich schon von undokumentierter "Probe"-Arbeit lese ... solche Schwarzbeschäftigung fällt dem Unternehmer spätestens beim eintretenden Arbeitsunfall auf die Füße. Herumgrölende Mitarbeiter sprechen auch nicht gerade für eine gute Führung. Und wer gröhlen mit h schreibt, ist däHmlich und sollte sowieso nicht über andere Menschen herziehen.

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