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Die App

Anruf einer Firma aus Richtung Berlin. Der Anrufer stellte sich kurz vor und mir daraufhin ein paar relativ unverfängliche Fragen:

"Haben Sie noch Lieferanten, bei denen Sie nicht per MDE-Gerät bestellen?"

"Ja, klar. Einige sogar", antwortete ich ehrlich.

"Wie viele etwa, wenn ich fragen darf und aus welchen Sortimenten?"

"Na, etwa ein Dutzend, würde ich sagen. Quer durch den Laden. Von Frische bis Getränke ist da auch so ziemlich jede Warengruppe dabei."

"Wir haben eine App entwickelt, wo sie bequem von Handy oder Tablet aus bestellen können …", berichtete der Mann am anderen Ende der Leitung. Und er berichtete, dass schon einige Edeka-Märkte deren App nutzen würden und dann holte er zum anpreisenden Rundumschlag aus. So kann man mit dieser App beispielsweise Sortimentslücken besser vermeiden und effizienter arbeiten.

Das klingt ja alles prinzipiell nicht schlecht. Voraussetzung ist natürlich, dass potentielle Lieferanten ihre Artikeldaten für das System zur Verfügung stellen.

Der Anrufer wollte dann noch einen Termin für eine Videopräsentation vereinbaren. "Dann erfahren Sie auch, welche Kosten auf Sie zukommen", erklärte er mir.

Ich stutzte. "Auf mich kommen Kosten zu? Mal ehrlich, bislang bestellen wir telefonisch oder via E-Mail, das kostet mich gar nichts. Warum soll ich dafür plötzlich etwas bezahlen?"

Zeitersparnis und Effizienz waren die Schlagworte in der darauffolgenden Erklärung.

Da "Kosten" natürlich immer relativ sind, bohrte ich noch etwas weiter, um ihn zu einer Antwort zu bringen. Ich hasse es, wenn Leute um den heißen Brei herumreden oder einem erst im letzten Moment solche Details verraten. Ich rechnete mit einer kleinen Pauschale. Aber damit lag ich falsch.

Ich hole mal eben etwas aus und nehme als Beispiel unsere Bio-Wein-Bestellung.

Diese Bestellung erledige ich seit Ewigkeiten schon schriftlich. Ich habe mir einen Vordruck gebastelt, auf dem alle Artikel aufgeführt sind, daneben jeweils ein Feld für die Bestellmenge. Der Vorgang des Bestellens läuft dann folgendermaßen ab: Ich werfe kurz die Datei auf den Drucker, nehme mir das Blatt und laufe zum Regal. Dort gucke ich mir der Reihe nach die Platzierung im Regal an und wenn ich entscheide, dass ich einen Artikel bestellen möchte, trage ich dort die entsprechende Menge ein. Meistens einen oder zwei Kartons. Hinterher stecke ich das Blatt in unseren Scanner, wähle die Adresse aus uns versende die Bestellung als pdf-Datei via E-Mail. Fertig.

Wenn ich diese angepriesene App verwenden würde, müsste ich zwar keine ausgedruckte Seite verwenden, aber der Arbeitsaufwand, ans Regal zu gehen und die benötigten Mengen zu erfassen, würde genauso bleiben wie bisher. Das Absenden geht dann in der App vielleicht ein paar Sekunden schneller als am Scanner, aber wir reden da nicht einmal von einer Minute Aufwand.

Wäre die App jetzt für mich kostenlos zu nutzen, könnte man damit mal Erfahrungen sammeln. Alle Lieferanten in einer Anwendung zusammengefasst und für alle das gleiche Prozedere ist sicherlich eine kleine Arbeitsersparnis. Aber …

Aber …

Aber! Kosten von EINEM PROZENT von jeder übermittelten Bestellung sind schon echt eine Ansage, die sich gewaschen hat. Gerade der Lebensmittelhandel mit seinen eher knappen Margen, der um jedes einzelne Prozent Rohertrag feilscht, wo für die Durchsetzung von Cent-Bruchteilen im Einkaufspreis ganze Lieferanten wochen- und monatelang ausgelistet werden – ausgerechnet da will jemand für eine im Grunde zu vernachlässigende Erleichterung des Bestellprozesses mal eben ein Prozent vom Einkaufspreis für sich abgreifen.
Um mal beim Beispiel mit der Weinbestellung zu bleiben: Das Ausdrucken der Bestellvorlage (10 Sekunden) und das Scannen und versenden (1 Minute) wäre der Aufwand, den wir mit der App sparen würden. Dafür würden wir diese Zeitersparnis mit rund zehn echten Euros bezahlen.

Kann er gerne woanders weiterversuchen, aber ich bin da raus.

Anzahl Colli pro Woche

Vor einer Weile hatte ich mal die Idee, dass es durchaus fürs Blog interessant sein könnte, wie viele Teile (Colli) wir pro Woche bestellen. Habe dazu dann einen Monat lang die Mengen aus unserem Bestellgerät notiert, um daraus einen Durchschnittswert ermitteln zu können.

Richtig weiterhelfen würde euch das aber auch nicht, da wir viele Artikel einzeln bestellen können (z.B. vor allem Mehrweg-Getränkekisten), andererseits immer nur die unterschiedlichen Positionen in dem Gerät gezählt werden und nicht die Anzahl der davon jeweils bestellten Einheiten. Um wirklich genaue Zahlen liefern zu können, müssten dann noch sämtliche Saisonartikel (da stellt sich dann auch gleich die Frage, wie Aufsteller / Displays gezählt werden könnten) und alle Artikel berücksichtigt werden, die außerhalb des elektronischen Systems der Edeka geordert werden. Vieles geschieht per Fax, Telefon oder E-Mail, teilweise kommen die Vertreter aber auch direkt in den Markt und schreiben ihren Auftrag, ohne dass ich direkt sehen kann, was da kommen wird.

Es ist also fast nicht möglich, da eine genaue Zahl zu liefern.

Grob geschätzt würde ich aber sagen, dass wir hier im Durchschnitt insgesamt 500 Umkartons (inkl. Mehrweggetränke) pro Tag bestellen. Ist schon 'ne ordentliche Menge.

Unrentabler Kunde 2

Mit einer Beobachtung bei einem Kollegen musste einer meiner Mitarbeiter an diesen Blogeintrag aus dem vergangenen Jahr denken.

Auf der einen Seite schicken die Firmen spezielle Berater und Wirtschaftsprüfer auf's Feld, um zu optimieren, was zu optimieren geht – und dann kommen Kunden wie wir, die nicht nur die Bestellungen auf dem gewohnten Weg mit dem mobilen Datenerfassungsgerät übermitteln, sondern parallel dazu noch mit Sonderbestellungen den Anrufbeantworter vollquatschten und Faxe schicken, teilweise für einzelne Artikel.

Oder, wie Gregor es genannt hat: Das Anti-Effizienz-Programm.